Krystian Woznicki on Wed, 12 Apr 2000 11:52:21 +0200 (CEST)


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[rohrpost] Kulturserver Berlin G a z e t t e, 12. 04.


Das ganz Spezielle am Wiener Widerstand
oder: "Atempause - der politische Zustand als Situation."

Die amtierende Regierung ignoriert die Demonstrationen -
die Donnerstagsdemo und den Reigen des volkstanz.net (1) mit dem Auftrag
"Soundpolitisierung".

Der Heldenplatzrasen wird heuer nicht so knackig gruen, die einzige Flaeche,
auf der die Spuren nicht weggespuelt werden konnten. Reinigungsfahrzeuge,
stets schnell zur Stelle. Damit alles wieder huebsch in Ordnung kommt und
noch schoener aussieht als die Fotos im Touristenfuehrer.

Der neue Demosport lautet: wer erkennt sie zuerst, die undercover-agents
aka Zivilpolizisten? Mit den Demos und Internetforen baut sich ein stabiles
Netz aus. Die Zivilgesellschaft formiert sich. Anfangs waren die Demos
sogar Plattform fuer Tierschutzaktivisten (denn tatsaechlich traut man sich
in Wien im Fruehling noch mit den bestgepflegtesten Pelzen auf die Strassen).
Auch Bundeskanzler Schuessel spricht sich fuer die Formierung einer
Zivilgesellschaft aus.

Sein Vorteil: Auch die Demonstrationen legitimieren die Regierung.
Sein Nachteil: Die Regierung wird durch Demonstrationen legitimiert.

Gern deutet man in Oesterreich auf den europaeischen Nationalismus und
EU-konformen Rassismus hin - aber wie die Berliner Kuenstlerin Alice
Creischer auf dem Podium letzten Freitag in der Wiener Generali-Foundation
sagte, loest man so nicht die eigenen Probleme. Gesucht werden Strategien zur
Ueberwindung der FPOeVP-Regierung! Die kulturelle Grammatik durchbohrt
government-austria.at. (2)

Also, was tun die KulturproduzentInnen? In der aktuellen Ausstellung im
Raum Aktueller Kunst zum Beispiel, die auf die neue Regierung bezug nimmt,
wirkt die Kunst als domestizierter Protest. Einzig pointiert wirkt das
Video "Hondabeats" (Vienna Version) von Johannes Wohnseifer. Ein
Computerspiel-Rennauto dreht rasant seine Runden. Textauflage: Falsche
Richtung. Doch der vermeintliche Widerstand bleibt ein plakativer.

Nach aussen haelt die Secession ein Plakat von Dorit Margreiter fuer
gettoattack (3) mit der Ruecktrittsforderung an die Regierung hoch.
Drinnen, im heiligen White Cube spruehten vor zehn Tagen KunststudentInnen
Graffitis zwischen Merlin Carpenters Gemaelde. Am Morgen nach der
Eroeffnung liess man "Fuck Neoliberalism" und "gegen FPOeVP" uebermalen.
Die politische Positionierung wird stubenrein gehalten. Auch das Wiener
Museumsquartier soll gut zu vermarkten sein, trimmt sich schlank mit
Kuendigungen an gesellschaftskritische Institutionen.

Also muss auch der Widerstand Rendite bringen.

Ab jetzt: Product Placement Angebote aus Wien.
Coming soon: Walking on Nikes!

Oder mit  Worten aus dem Kommunique der K-0 (4): Seid ein Schmerz im Arsch!

Vera Tollmann, Redaktion Springerin (5)
mailto:springerin@springerin.at

1. http://www.volkstanz.net
2. http://www.government-austria.at
3. http://www.gettoattack.net
4. http://www.k-0.at
5. http:/www.springerin.at

Fuer die kommenden Tage waeren folgende Veranstaltungen im Terminkalendar
aufzunehmen.

13.04.

O n l i n e   P a n e l : Im Laufe der folgenden 13 Tage diskutieren
Experten in vier Themenstraengen ueber "Elektronische Demokratie". Fuer die
Veranstaltung zeichnet die ZEIT verantwortlich:
(http://www.zeit.de/e-demokratie). Ab 15 Uhr.


14.04.

F e s t i v a l : Die Austrian Psycho Nights steigen in Berlin
(http://www.volksbuehne-ost.de/) anlaesslich der grassierenden Haider-Pest.
Die vom  heutigen Kanzler Wolfgang Schuessel anlaesslich des EU-Beitritts
erhobene Drohung einer "Veroesterreicherung Europas" ist auch in Zeiten
Joerg Haiders ein seltsames Odeur und diesen Duftmarken wird nachgespuert.
Es gibt Performances, Radio, elektronische Musik, Literatur, eine Filmreihe
(u.a. "Die Kunst der Stunde ist Widerstand"),  Videoinstallationen und eine
Eroeffnungsdiskussion. Im Finale erhalten die Besucher darueber hinaus die
Moeglichkeit, Antrag auf die oesterreichische Staatsbuergerschaft zu
stellen, sie koennen auch einen 14taegigen Urlaub nach Tirol gewinnen.
Ort: Volksbuehne, Rosa-Luxemburg-Platz, ab 19.30 Uhr.

15.04.

P r e v i e w : Am Samstag findet eine Preview auf die Berliner Version des
Projektes Interzone "Recycling the Future" statt. Was unter diesem Motto
vom 30. 06. bis zum 30. 07. laufen wird, stellt den zweiten Teil einer
genreuebergreifenden kuenstlerischen Veranstaltungsreihe dar, die 1999
ihren Auftakt mit der inter-disziplinaeren Doppelausstellung "The Last
Underground", und "Beyond Art" in Prag hatte.  Als eine der erfolgreichsten
Ausstellungen in den letzten Jahren wird Interzone
(http://www.interzones.net) 2001 in Osaka, Japan unter dem Titel "Energy
Field" inszeniert. Ort: Meinblau, Christinenstr.18/19, 20 Uhr.

18.04.

R e l e a s e p a r t y : Wer sich mal wieder ein Brett um die Ohren
schlagen lassen will,  das sich gewaschen hat, sollte auf keinen Fall das
erste Konzert  der drei Berliner Rockgranaten  seit knapp 2 Jahren
verpassen. Mit Sicherheit werden keine Gefangenen gemacht,  wenn Surrogat
(http://www.kitty-yo.de.), die hungrigste Band seit Fehlfarben, ihre
Verstaerker  und Maeuler aufreisst, um Euch entgegen zu schleudern: "Alles
ist moeglich!!!!" Ort: SO 36,  Oranienstr.190, 20Uhr.

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*     http://www.kulturserver.de       *
the online community for art  +  culture
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Kulturserver wurde 1998 vom PONTON EUROPEAN MEDIA ART LAB
(http://www.ponton.de) ins Leben gerufen. Als regionale Online Community
fuer Kunst und Kultur bietet es eine kostenlose Plattform fuer Kuenstler
und Kulturschaffende, die sich auf  selbstgestalteten Homepages
praesentieren, Veranstaltungen in dem Kalender veroeffentlichen, einen
Webmail Service nutzen und selbstproduzierte Radio- und Videoprogramme live
senden koennen. Auf Einladung von Kulturserver Berlin fassen vorort taetige
Journalisten und Kenner der Kulturszene ihre Beobachtungen  und Eindruecke
in einer woechentlich zirkulierenden    G a z e t t e  zusammen. Die
Redaktion will die G a z e t t e auf Grund der grossen  Nachfrage erweitern
und sucht nun Sponsoren. Wenn Ihnen die G a z e t t e gefaellt, koennen Sie
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