Krystian Woznicki on Fri, 9 Jun 2000 08:25:38 +0200 (CEST)


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[rohrpost] Fwd: Tom Kummer, das SZ-Magazin und die SZ



>Envelope-to: krystian@snafu.de
>X-Lotus-FromDomain: SV-GRUPPE
>From: "Gerlinde Schepers" <gerlinde.schepers@sueddeutsche.de>
>To: krystian@snafu.de
>Date: Thu, 8 Jun 2000 14:58:08 +0100
>Subject: Tom Kummer, das SZ-Magazin und die SZ
>
>
>
>
>Es wird Sie nicht überraschen zu erfahren, dass uns zum
>Fall Kummer viele Briefe von Leserinnen und Lesern
>erreicht haben. Dabei ergab sich eine relativ große
>Bandbreite an Reaktionen - von Empörung und
>Enttäuschung bis zu klaren Sympathiebekundungen für den
>Autor der gefälschten Interviews.
>
>Nun ist es einerseits ein schlichtes Gebot der
>Höflichkeit, Briefe zu beantworten, andererseits müssen
>wir offen eingestehen, dass es aus Zeitgründen nicht
>möglich ist, jeden Brief individuell in einer
>angemessenen Frist zu beantworten. Haben Sie deshalb
>bitte Verständnis für den Versuch einer Stellungnahme
>zu einigen Punkten, mit denen wir immer wieder
>konfrontiert wurden:
>
>Es ist weder eine leere Floskel noch als wohlfeile
>Exkulpation zu verstehen, wenn wir darauf hinweisen,
>dass SZ- und Magazin-Redaktion unabhängig voneinander
>arbeiten, dass keine von beiden der jeweils anderen
>irgendwelche Weisungen geben kann oder soll. Aus gutem
>Grund haben es FAZ und "Zeit" ähnlich gehalten, weil
>Magazine ein anderes Genre darstellen, andere Themen
>mit anderen Zugangsweisen bearbeiten als die
>Tageszeitung. Allerdings gilt für Magazin- und
>Zeitungsredakteure und -Autoren derselbe
>journalistische Kodex, der es, zum Beispiel, verbietet,
>erfundene, gefälschte Interviews als echt zu
>"verkaufen". Dass Tom Kummer dagegen verstoßen hat und
>die Magazin-Kollegen, als sie Verdacht schöpften, nicht
>schnell, konsequent und entschieden handelten, ist kein
>Grund, die bisherige Trennung zwischen beiden
>Redaktionen aufzugeben, verpflichtet aber die für das
>Magazin Verant- wortlichen zu noch strikterer
>Einhaltung der journalistischen Gebote und
>Anstandsregeln.
>
>Trotz aller Beteuerungen, dass die beiden Redaktionen
>unabhängig voneinander arbeiten, sind wir uns dessen
>bewusst, dass die SZ mit ihrem Magazin identifiziert
>wird, dass also nicht nur das Magazin, sondern auch die
>SZ einen Imageschaden hinnehmen muss.
>
>Ein großer Teil unserer Leserschaft würde es sehr
>bedauern, freitags auf das SZ-Magazin verzichten zu
>müssen; ein kleinerer Teil - auch das lässt sich den
>Reaktionen auf den Fall Kummer entnehmen - könnte
>durchaus darauf verzichten, und manche möchten von der
>Zustellung des Magazins mit der SZ "verschont" werden.
>Letzteres ist aus technischen Gründen nicht möglich
>(das gilt auch für andere Supplements und
>Prospektbeilagen, übrigens nicht nur bei der SZ).
>
>Andererseits: Der Verlag wird den Fall Kummer nicht zum
>willkommenen Anlass nehmen, dem Beispiel von FAZ und
>"Zeit" zu folgen und das Magazin einzustellen. Die
>Magazin- Mannschaft wird es jetzt nicht einfach haben,
>eine Art Kontrast-Programm zur Tageszeitung zu bieten,
>dessen Lektüre dem Leser Spaß macht, ohne dass bei ihm
>zugleich der Verdacht aufkommt, er werde auf mehr oder
>weniger raffinierte Weise angeschwindelt. Es wird nicht
>leicht sein, verlorenes Vertrauen wiederzugewinnen, ohne
>den Magazin-Charakter zu verleugnen. Dessen sind sich
>alle Beteiligten bewusst.
>
>In der Hoffnung, dass Sie uns als kritische Leserinnen
>und Leser erhalten bleiben, denen die Magazin-Lektüre
>weiter oder wieder Spaß macht, und
>
>mit freundlichen Grüßen
>
>Dr. Gernot Sittner
>Chefredaktion
>Süddeutsche Zeitung


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