Krystian Woznicki on 18 Apr 2001 07:04:58 -0000


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[rohrpost] Fwd: Call Center Offensive


* http://www.callcenteroffensive.de *

Liebe Telefondienstleistende, liebe anderweitig Interessierte,
wir möchten Euch kurz über die Ereignisse bei adm unterrichten. Zunächst 
als Kurzmeldung:

Im Laufe des 11. und 12. April 2001 wurden vom Call Center der adm GmbH ­ 
agentur für dialogmarketing, Standort Berlin Wedding ­ laut Angaben 
mehrerer MitarbeiterInnen zwischen 80 und 100 Agents entlassen. Das 
entspricht fast einem Fünftel der Belegschaft.
Der Kündigungswelle vorausgegangen war ein kollektiver Antrag zur Gewährung 
von anteilig bezahltem Urlaub, den 76 Beschäftigte unterzeichnet hatten. 
Dieses Anliegen wurde von der Geschäftsleitung abgelehnt. Die drei von der 
Geschäftsleitung als Urlaubs-RädelsführerInnen ausgemachten Agents hatten 
ihren Job bereits vor der aktuellen Kündigungswelle verloren. Die anderen 
UnterzeichnerInnen wurden einzeln von der Geschäftsleitung aufgefordert, 
ihren Urlaubsantrag zurückzuziehen. Selbstverständlich könne dieser auch 
eingeklagt werden, dann würde man sich jedoch leider trennen müssen.

Nachstehend der etwas ausführlichere Bericht, der nebst weiteren Details 
unter www.callcenteroffensive.de/adm.htm zu finden ist.

Eure CCO

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Zum Konflikt bei adm

Im Laufe des 11. und 12. April 2001 wurden vom Call Center der adm GmbH ­ 
agentur für dialogmarketing, Standort Berlin Wedding ­ laut Angaben 
mehrerer MitarbeiterInnen zwischen 80 und 100 Agents entlassen. Das 
entspricht fast einem Fünftel der Belegschaft. Nachdem bei einem 
betriebsinternen »Hearing« am Freitag dem 6.4.01 den anwesenden 
Beschäftigten 50 »betriebsbedingte« Entlassungen angekündigt wurden, hat es 
nun offenbar doppelt so viele Agents erwischt. Sie können sich nun auf 
weitere Jobsuche in der Call-Center-Krisenökonomie begeben.

Die meisten der Betroffenen werden rechtliche Schritte einleiten, um eine 
Lohnfortzahlung gemäß der gesetzlichen Kündigungsfristen zu erwirken, wo 
dies die Geschäftsleitung nicht freiwillig gewährt. Womöglich gehen einige 
allerdings einer irreführenden Formulierung im Arbeitsvertrag auf den Leim. 
Dieser ist nämlich ­ zumindest für Nicht-JuristInnen ­ mißverständlich, 
wenn es um Kündigungsfristen geht. Er weist darauf hin, daß 
Kündigungsfristen »beidseitig aufgehoben« werden können. Obzwar dieser 
Hinweis überflüssig ist, suggeriert er dem/der ArbeitnehmerIn, er/sie 
genieße keinen Kündigungsschutz.

Die Kündigung erfolgten nach unserer Kenntnis mit unterschiedlichen 
Begründungen. Darunter solche wie die »allgemeine Einstellung zur Arbeit 
und zum Betrieb« oder die »mangelnde Qualität der geleisteten Arbeit«. Die 
Kündigungen werden von den Betroffenen als willkürlich empfunden und wirken 
für die Verbliebenen einschüchternd. Wer nicht schnell genug einen neuen 
Brötchengeber findet, wird zur maximalen Loyalität zum »gemeinsamen« 
Betrieb ermahnt.

Der Kündigungswelle vorausgegangen war ein kollektiver Antrag zur Gewährung 
von anteilig bezahltem Urlaub, den 76 Beschäftigte unterzeichnet hatten. 
Sie zeugen von dem Unwillen vieler Beschäftigter, die Arbeitsbedingungen 
weiter fraglos hinzunehmen. Dieses Anliegen wurde von der Geschäftsleitung 
bei dem besagten Hearing abgelehnt, mit der Begründung, dies käme dem 
Betrieb zu teuer und die Beschäftigten seien ohnehin gut genug bezahlt. Die 
drei von der Geschäftsleitung als Urlaubs-RädelsführerInnen ausgemachten 
Agents hatten ihren Job bereits vor der aktuellen Kündigungswelle verloren. 
Die anderen UnterzeichnerInnen wurden einzeln von der Geschäftsleitung 
aufgefordert, ihren Urlaubsantrag zurückzuziehen. Selbstverständlich könne 
dieser auch eingeklagt werden, dann würde man sich jedoch leider trennen 
müssen.

Die CCO sieht in den Vorfällen einige Ähnlichkeiten zu anderen Konflikten 
in Call Centern. Die Personalleitung versucht der schlechten Stimmung 
entgegen zu wirken, indem sie einen schwelenden Konflikt als persönliche 
Einzelprobleme darstellt. Zu den Einschüchterungen und Spaltungsversuchen 
kommt als absurder Evergreen der Hinweis, daß man ohnehin die besten 
Arbeitsbedingungen im Call-Center-Bereich habe. Apropos Betriebsrat: »Wenn 
ein Betriebsrat gegründet wird, schließe ich den Standort und gehe woanders 
hin!«, versicherte die Geschäftsleitung bei dem Hearing.

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