reinigungsgesellschaft on Fri, 9 Nov 2001 23:30:32 +0100 (CET)


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Die Marion Ermer Stiftung zur Förderung von Kunst und Kultur in Sachsen und Thüringen vergibt in Kooperation mit der Hochschule für Bildende Künste Dresden erstmals den Marion Ermer Preis.
Eine bundesweit zusammengesetzte Jury entschied sich für die folgenden sechs KünstlerInnen: David Adam, Markus Draper, REINIGUNGSGESELLSCHAFT ,Cornelia Renz, Henrik Schrat und Eva-Maria Wilde.
 
Am 15. November 2001, 19.00 Uhr, werden die Preise im Oktogon der Hochschule für Bildende Künste Dresden übergeben.
Prof. Dr. h.c. Lothar Späth, Vorsitzender des Kuratoriums der Marion Ermer Stiftung, Prof. Kurt Biedenkopf, Ministerpräsident des Freistaates Sachsen und Prof. Dr. Ulrich Schießl, Rektor der HfBK Dresden, werden an diesem Abend in Gegenwart der Stifterin Marion Ermer die Ausstellung der Preisträger eröffnen.
 
Die Ausstellung ist vom 16. November bis 16. Dezember 2001 täglich außer montags von 11.00 bis 18.00 Uhr geöffnet.
 
Begleitend zur Gemeinschaftsausstellung erscheinen Kataloge der Künstler.
 
Fünf der PreisträgerInnen präsentieren sich mit handsignierten Künstler-Editionen in limitierter Auflage, die auf der Ausstellung oder über Bestellung erhältlich sein werden.
 
Bei Rückfragen, Bestellungen für Pressemappen, Kataloge und Künstlereditionen  wenden Sie sich bitte an folgende Kontaktadresse:
Marion Ermer Stiftung
c/o HfBK Dresden
01288 Dresden
Telefon: +49 / (0) 351 / 492 67 16
Telefax: +49 / (0) 351 / 495 20 23
 
 
 
Aus dem Katalog der REINIGUNGSGESELLSCHAFT:
Interview mit Regine Hebestreit 
Quelle: "Wirtschaftspolitik für Kunst und Kultur. Tipps zur Existenzgründung für Künstler und Publizisten", BMWi, Berlin, Oktober 2001

Worin besteht Ihre künstlerische Tätigkeit? Was machen Sie?

Henrik Mayer: Wir arbeiten ausschließlich in Projekten. Zu denen laden wir auch in wechselnder Besetzung auch Künstler ein. Dabei geht es um Videos, Aktionen und Ausstellungen, die wir zum Aufbau von Netzwerken nutzen. Wir wollen Kommunikationsräume schaffen, die mittels künstlerischer Aktionen geöffnet werden. Unser derzeit laufendes Projekt nennt sich ARBEITSGEIST. Das wird nicht nur in klassischen Galerieräumen präsentiert, sondern zum Beispiel im Arbeitsamt. Es geht uns um Fragestellungen wie: Was kann ein Künstler zur Umgestaltung der Arbeitsgesellschaft beitragen? Wie reflektiert er das? Wie kann er eine Gesprächsebene schaffen, die versucht, Kontakte zu weiteren Zielgruppen herzustellen? Wie ist zum Beispiel das Feedback aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik? Und wie kann man kooperieren? Zum Beispiel auch mit Erwerbslosen und Mitarbeitern des Arbeitsamtes? Dieser Netzwerkgedanke steht für uns im Vordergrund.

Sie sind freischaffende Künstler. Wie haben Sie sich auf Ihre Selbständigkeit vorbereitet?

Martin Keil: Die REINIGUNGSGESELLSCHAFT gibt es seit 1996. Damals haben wir noch beide in Dresden an der Kunstakademie studiert. Wir wollten die REINIGUNGSGESELLSCHAFT aber von Anfang an kommerziell betreiben und haben uns ganz bewusst dafür entschieden, von unserer Kunst zu leben.

Während des Studiums haben wir uns nicht besonders gut auf die Selbständigkeit vorbereitet, obwohl wir den Bedarf dafür gesehen haben. Wir haben uns daher nach Abschluss unseres Kunststudiums an der Verwaltungsakademie Dresden in die zweijährige Lehrveranstaltung „Kulturmanagement“ eingeschrieben. Wir waren übrigens die einzigen Künstler. Die anderen Teilnehmer kamen alle aus der Verwaltung. Für mich war diese Veranstaltung aber wichtig, um zum Beispiel etwas über Steuern oder Unternehmensformen zu erfahren.

 

Ein wichtiger Punkt für jeden Existenzgründer ist, Aufträge zu bekommen, Auftraggeber zu finden. Wie war das bei Ihnen?

Henrik Mayer: Der normale Weg in der bildenden Kunst führt ja eigentlich zum Galeristen. Das sind die Leute, die kommunizieren, auf Messen gehen usw. Das spielt bei uns keine große Rolle. Auf dem Gebiet haben wir auch nicht die Umsätze. Wir sind vielmehr daran interessiert, das selbst in die Hand zu nehmen und uns selbst zu vermarkten. Der Vorteil ist eine gewisse Unabhängigkeit, sich eigene Strukturen aufzubauen. Das ist natürlich auch schwieriger und ein großes Abenteuer. Es ist aber auch verlockender, als in den klassischen Kunstmarkt mit seinen festen Strukturen zu gehen.

Martin Keil: Die Akquise von Kunden spielt für uns deshalb eine sehr große Rolle. Zu unseren Auftraggebern gehören zum Beispiel Unternehmen und Kommunen, zu denen wir telefonisch und schriftlich Kontakt aufnehmen und unser Anliegen für eine Kooperation deutlich machen. Zuvor muss man natürlich schon eine klare Vorstellung davon haben, um was für ein Produkt es eigentlich geht und wer Interesse daran haben könnte. Das spielt bei allen Überlegungen natürlich eine Rolle. Eine gründliche Recherche ist wichtig, um festzustellen, wo es gemeinsame Schnittstellen gibt. Aber auch wo der Nutzen für das Unternehmen liegt, in die „Reinigungsgesellschaft“ zu investieren. Wir versuchen vor allem die Gemeinsamkeiten zu sehen. Bei unserer Ausstellung im Arbeitsamt transportieren wir zum Beispiel natürlich auch eine Menge Inhalte: Wandel der Arbeitsgesellschaft, Flexibilisierung von Arbeitsmärkten, wo einfach auch vom Arbeitsamt ein gewisses Interesse besteht, dass diese Themen kommuniziert werden.

Zum Thema „Geld“: Wie finanzieren Sie Ihre Projekte?

Henrik Mayer: Das ist eigentlich auch schon Inhalt unserer künstlerischen Praxis, sich um die Finanzierung des Projektes zu kümmern. Das ist so sehr verquickt, dass man es eigentlich schlecht einem Vermittler überlassen kann. Wir betreiben zum Beispiel auch eine ziemlich umfangreiche Akquise von Sponsoren. Da gehen wir offensiv auf Unternehmen zu, um uns Teile der technischen Ausrüstung, Büromaterial oder auch Geld sponsern zu lassen.

Sie leben ausschließlich von Ihrer Kunst. Können Sie eigentlich Ihr Geschäftsjahr planen?

Henrik Mayer: Wir planen jetzt schon bis 2003. Wenn man von seiner Kunst leben will, muss man das einfach kalkulieren und Projekte akquirieren, die bis zwei Jahre in die Zukunft gehen. Das ist für viele nicht vorstellbar im kreativen Bereich, aber darauf muss man sich einstellen.

Martin Keil: Wenn man das gründlich macht, kann man unter Umständen auch auf einige Projekte verzichten , wenn diese aus irgendwelchen Gründen nicht zustande kommen. Es ist ja auch so, dass wir nicht bei allen Aktionen von vornherein wissen, was wir verdienen oder ob wir was verdienen. Für uns sind aber auch Projekte wichtig, mit denen sich zwar wenig verdienen, aber dafür eine gewisse Öffentlichkeit herstellen lässt. Uns ist auch wichtig, dass unsere Gedanken umgesetzt werden.

Mit welchen unternehmerischen Aufgaben sollten sich Ihrer Meinung nach Nachwuchskünstler auf dem Weg in die Selbständigkeit vertraut machen?

Henrik Mayer: Eigentlich mit all dem, was in der klassischen Kunstausbildung nicht vermittelt wird. Das heißt, wirtschaftliche und juristische Grundlagen, was letztendlich auch dem selbständigen freischaffenden Künstler hilft, sein Leben zu gestalten.

Was auch wichtig ist, gerade für Künstler: die eigene soziale Kompetenz zu vermarkten. Der Beruf bringt es mit sich, dass man einen großen Bekanntenkreis hat, so dass man sich darüber auch ganz gut vermarkten kann.

Ich denke ohnehin, dass der Künstler von seinem Berufsbild her schon ganz gut auf die Selbständigkeit eingestellt ist. Diese Risikobereitschaft ist ja auch da, wenn ich ein Werk schaffe. Der Typus des Unternehmers ist eigentlich schon im Künstler mit angelegt. Ich sehe darin eine große Gemeinsamkeit. Er muss improvisieren können: Wenn etwas schief geht, zum Beispiel ein Sponsor abspringt, muss er sich überlegen: Wie bringe ich das Projekt trotzdem zu Ende? Wo kann ich Kosten senken? Wen spreche ich an? Man ist ja auch ständig am Dirigieren, man muss sehr wachsam bleiben, um sich diese Form der Freiheit auch zu bewahren.

Martin Keil: Ich würde sogar noch weitergehen und sagen, dass viele Unternehmer von Künstlern lernen können, zum Beispiel was Motivation angeht. Der Künstler hat eine hohe Eigenmotivation, seine Sachen durchzuziehen. Auch wenn er überhaupt nichts verkauft, geht er trotzdem keinen Kompromiss ein.

Ist diese Kompromisslosigkeit denn sinnvoll?

Henrik Mayer: Ich gehe davon aus, dass jedes Produkt auch einen Markt findet. Es gibt keine unvermarktbare Kunst. Ich würde es nicht befürworten, dass ein Künstler sich verbiegt, um sich zu verkaufen. Das ist auch nicht notwendig. Es gehört einfach ein gewisses Durchhaltevermögen dazu, sich da auch ein Stück treu zu bleiben. Darin besteht natürlich auch die Eigenmotivation.

Wenn die Vermarktung nicht klappt, dann funktioniert eine bestimmte Stelle nicht, z. B. der Verkauf. Dann liegt es vielleicht am Galeristen. Oder es wird keine Werbung gemacht. Wenn das Marketing nicht klappt, muss man halt suchen, wo der Fehler ist. Da gibt es in jedem Fall plausible Antworten.

Haben Sie bei Ihren Produkten auch schon erlebt, dass das Marketing nicht geklappt hat?

Martin Keil: Ja, natürlich. Wir hatten zum Beispiel festgestellt, dass wir einen hohen Bekanntheitsgrad erreicht haben, aber eigentlich nicht bekannt ist, dass wir auch Produkte verkaufen. Da haben wir gesagt, o.k. wir eröffnen einen Online-Shop, verbinden das mit unserer Homepage, so dass darüber auch kommuniziert wird.

Trennen Sie eigentlich zwischen Ihrer künstlerischen Arbeit und Ihrer unternehmerischen Arbeit?

Martin Keil: Nein, das ist eine organische Einheit. Wenn wir unser Unternehmen REINIGUNGSGESELLSCHAFT in Institutionen oder Wirtschaftsunternehmen vorstellen, kommt es manchmal schon zu Irritationen. Eigentlich beginnt hier schon unser künstlerischer Ansatz, neue Zielgruppen zu entdecken und in unsere Projekte einzubinden.

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