Florian Cramer on Mon, 11 Nov 2002 17:10:04 +0100 (CET) |
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Re: [rohrpost] Freie Texte in freien Netzen |
Am Montag, 11. November 2002 um 09:03:27 Uhr (+0100) schrieb Thorsten von Plotho-Kettner: > Es geht um die Idee, Texte der Netzliteratur / Texte im Netz aus dem > Bereich der Literatur gemäß einer "License for copylefted > publications netwide". Diese Lizenz müßt ihr nicht neu erfinden, es gibt sie bereits in Gestalt der GNU Free Documentation License <http://www.gnu.org>, die es erlaubt, Teile eines Dokument als nicht-modifizierbar zu kennzeichnen, und der Open Publication License <http://www.opencontent.org>, die es erlaubt, die freie Verbreitung eines Dokuments auf das Internet zu beschränken. Leider neigen vielen Open Content-Projekte dazu, das Rad neu zu erfinden und eigene Lizenzen zu schreiben. Dies ist aus mehreren Gründen eine schlechte Idee: 1. Sollten Lizenzen nicht von juristischen Laien verfaßt werden, wenn sie rechtsgültig sein sollen (d.h. man Verletzungen ihrer Spielregeln notfalls vor Gericht ahnden kann). Für die GNU Free Documentation License und die Open Publication License sprechen, daß sie von Juristen im Auftrag von Organisationen wie der Free Software Foundation und Firmen wie dem O'Reilly-Verlag formuliert wurden und einem internationalen juristischen peer review unterliegen, in Deutschland z.B. durch das Münchener Institut für Rechtsfragen von Freier und Open Source Software. 2. Verwirrt eine Balkanisierung der Lizenzen sowohl potentielle Anbieter, als auch potentielle Nutzer von freier Information, mit dem Ergebnis, daß aus Unsicherheit die Lizenzen von Texten und anderen Daten, die eigentlich frei im Netz zirkulieren sollen, gar nicht deklariert werden. - Was bedeutet, daß automatisch das normale Urheberrecht greift und z.B. nach dem Tod eines Urhebers siebzig Jahre lang (seinen Intentionen u.U. zuwider) verhindert, daß z.B. seine Website gespiegelt und weitergepflegt wird. 3. Führen inkompatible Spielregeln verschiedener Lizenzen dazu, daß Werke, die zwar als "Open Content" zirkulieren, nicht miteinander kombiniert oder gemeinsam distribuiert werden können. Um die Probleme 1-3 zu verhindern, haben sich in der freien Software die GNU General Public License und BSD-artige Lizenzen als Standardcopylefts durchgesetzt und decken zusammen ca. 90% allen freien Codes ab. Sie sind juristisch international durchleuchtet worden und zueinander zumindest so kompatibel, daß BSD-lizenzierter Code (nach der neueren BSD-Lizenz ohne "advertising clause") in GPL-Projekte übernommen werden kann. Daß ihre jeweiligen Philosophien sowie Vor- und Nachteile seit fast 20 Jahren durchdiskutiert sind, hat den Vorteil, daß Entwickler ihre Entscheidung einfacher treffen können. > Geld verlangt, dann nur für Rohlinge, etc.). Texte dürfen nicht > verändert werden, da sie immer noch einem Urheberrecht, aber keinem > Kopierrecht mehr unterliegen. Diese Unterscheidung gibt es im europäischen (aber auch im amerikanischen) Rechtsraum nicht, wohl aber eine Unterscheidung von Urheber- und Nutzungsrechten. In Europa gibt es ein Urheberrecht und ein Nutzungsrecht, in England und Nordamerika ein Copyright und eine Regelung des "fair use". Da ich kein Jurist bin, empfehle ich > Einige Gedanken sind schon im Topic "OpenSource - > Textsammlungen" online > (http://aussatz.antville.org/topics/OpenSource-Textsammlungen), > wobei auch dieser "Arbeitstitel" seine Tücken birgt und wohl nur ein > Arbeitstitel bleiben kann und revidiert werden muss/wird. Ja, weil die Nutzungsregeln, die Dir vorschweben, nicht kompatibel zur Open Source Definition <http://www.opensource.org> sind. Gruß, Florian -- http://userpage.fu-berlin.de/~cantsin/homepage/ http://www.complit.fu-berlin.de/institut/lehrpersonal/cramer.html GnuPG/PGP public key ID 3200C7BA, finger cantsin@mail.zedat.fu-berlin.de ------------------------------------------------------- rohrpost - deutschsprachige Liste zur Kultur digitaler Medien und Netze Archiv: http://www.nettime.org/rohrpost http://post.openoffice.de/pipermail/rohrpost/ Ent/Subskribieren: http://post.openoffice.de/cgi-bin/mailman/listinfo/rohrpost/