ols-web on Tue, 6 May 2003 07:10:39 +0200 (CEST) |
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[rohrpost] "Utopische Körper" - Berlin 23.-25/5/03 |
für alle interessierten beste grüße oliver lerone schultz ********************** Kongress "UTOPISCHE KOERPER" 23. bis 25. Mai 2003 in der Volksbuehne am Rosa-Luxemburg-Platz, Berlin veranstaltet vom Graduiertenkolleg "Koerper-Inszenierungen" und der Volksbuehne am Rosa-Luxemburg-Platz Der Kongress "Utopische Koerper" geht von der These aus, dass sich utopisches Denken nach dem Ende der gesellschaftspolitischen Utopieentwuerfe auf den Koerper verlagert. Zukunftsvisionen, die durch die rasante Entwicklung innerhalb der Life-Sciences und der Computertechnologie angestossen wurden, machen den Koerper zur Projektionsflaeche alter Menschheitstraeume, indem sie das Ende von Krankheit, Schmerz, Alter und Tod versprechen. "Posthumanistische" Spekulationen ueber neue Verbindungen von Mensch und Maschine im Cyborg, ueber gentechnische Modifikationen oder die vermeintliche Ueberwindung des Koerpers durch seine Virtualisierung beschreiben diese Zukunftsentwuerfe - durchaus widerspruechlich - in den Termini von Utopie und Dystopie. Aber nicht nur technologische Zukunftsvisionen, auch gegenwaertige Gesellschaftspraxen zeugen vom Einwandern der Utopie in den Koerper. In Vortraegen und Filmen, Performances und Podiumsdiskussionen, sportlichen und kuenstlerischen Aktionen werden Utopische Koerper von verschiedensten Seiten reflektiert. WissenschaftlerInnen von der Sportphilosophie bis hin zur Architekturtheorie oder Wissenschaftsgeschichte, aber auch KuenstlerInnen, und SportlerInnen sind eingeladen, historische Koerper- und Menschenbilder, fiktive und posthumanistische Entwuerfe zukuenftiger Koerper zu eroertern. So ist der Kongress zwar im Kern eine wissenschaftliche Tagung, die jedoch dem besonderen Ort der Volksbuehne Rechnung traegt und sie mit "Utopischen Koerpern" besetzt. Auszug aus dem PROGRAMM: (das aktuelle und detaillierte Programm finden Sie unter www.fu-berlin.de/bodynet und www.volksbuehne-berlin.de) Sa- und So-Mittag: "The Body Proud" - eine performative Installation des Critical Art Ensemble (USA) Sa-Mittag: Leistungen des Koerpers - Sporteinlage mit der Fitness Weltmeisterin Ruscha Kouril, Rhythmische Sportgymnastinnen und Aerobic Weltmeisterschaftsteilnehmern aus Halle Sa-Abend im Anschluss an die Tanztheater-Vorstellung "Visitors Only" von Meg Stuart Podiumsdiskussion "Wie utopisch kann der Koerper im Tanz heute noch gedacht werden?" mit Tanzwissenschaftlern, Performern und der Choreographin So-Mittag: "Kudan" - Butoh-Tanzauffuehrung von und mit Yuko Kaseki FREITAG, 23. MAI 2003: Kommentierte Filmnacht - VISIONAERE PROJEKTIONEN 20:00 Filmausschnitte zu "Utopischen Koerpern" von Georg Seesslen (angefragt) 21:00 [weiteres Programm - in kürze auf der Website zu finden] 22:00 Filmvorfuehrung: "Ghost in the Shell" (1995) - ein japanisches Manga SEKTIONEN SAMSTAG, 24. MAI 2003 Sektion I KOERPERBILD/MENSCHENBILD Den Moeglichkeiten in der Biotechnologie sind scheinbar keine Grenzen gesetzt: Wurde eben noch die Entschluesselung des menschlichen Genoms gefeiert, erschuettern auch schon Meldungen von den ersten geglueckten Versuchen, menschliches Leben zu klonen, die Weltoeffentlichkeit. Waehrend die Sozialwissenschaften in diesem Spannungsfeld von medizinischen Heilsversprechen und apokalyptischen Endzeitvisionen um ethische Fixierungen bemueht sind, hat die Biotechnologie schon laengst Einzug in die Kunst gehalten. Hier kehrt ein Kuenstlertypus wieder, der sich gleichzeitig als Wissenschaftler und Kreativer begreift und in die Renaissance zurueckweist. Sektion II REFORMIERTE KOERPER Schon in historischen Utopien geht die Perfektibilitaet des Menschen mit der Planung perfektionierter Koerper einher. Utopien greifen auf den Koerper zu - mit Koerpertechniken wie Diaetetik, Training und Hygiene setzen sie am Koerper des Einzelnen an. Wechselnde Interpretationen koerperlicher Funktionsweisen - ablesbar an technischen und mediologischen Metaphern - beeinflussen die Modelle koerperlicher Interaktion von der Antike bis zur modernen Industriegesellschaft. Die Sektion thematisiert utopische Koerpertechniken vom Jugendkult und der Selbstunterwerfung unter das utopische Regime reformierter Lebenspraxis bis hin zu politischen Angriffen auf den Koerper. Samstag Mittag 13:30-15:00 Uhr Sektion III LEISTUNGEN DES KOERPERS Koerperliche Praktiken von Fitness und Wellness bis hin zum Spitzensport basieren auf einer utopischen Struktur: Immer schneller, staerker, oder schlanker sollen die Koerper werden. Das Erreichte gilt es stets wieder zu ueberbieten. Neben dem Training des Koerpers helfen 'unterstuetzende Mittel' - allen voran das Doping im Spitzensport - vermeintliche Grenzen zu verschieben. Welche Bedeutung kann ein Koerper in Zukunft haben, der nicht durch sportliches Training bearbeitet ist, wenn Menschen sich zunehmend nach ihrer koerperlichen Leistung - messbar in Zentimetern, Gramm und Sekunden - beurteilen lassen? Sektion IV TECHNIK UND KOERPER Nicht erst mit dem Cyborg verschwimmt die Grenze zwischen Mensch und Maschine, Natur und Kultur. In einer neuartigen Verbindung von Mensch und Technik entstehen bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts erste Technik-Koerper-Hybride. Der technologisch aufgeruestete Koerper ist auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkriegs, in den Fabriken, den Sportstadien zu besichtigen. Daraus ergeben sich neue Interaktionsmoeglichkeiten zwischen dem Koerper und seinem (architektonischen) Umraum bzw. seiner Zeit. SEKTIONEN SONNTAG, 25. MAI 2003: Sektion V SEHNSUECHTIGE KOERPER Es gibt Orte der Sehnsucht, die wir aufsuchen, um aus ihnen veraendert hervorzugehen. Der Urlaub, banal und verklaert zugleich, ist einer davon. Am "globalen Strand" verspricht die Utopie, der Nicht-Ort, zur Eu-Topie, zur Kulisse des vollkommenen Gluecks, zu werden. Auf der Suche nach Entspannung und Rausch, nach Selbstfindung und Selbstentaeusserung wird der eigene Leib zur Schnittstelle von Entgrenzung und Grenzerfahrung. Was fuer Koerper entstehen aus gesellschaftlichen Sehnsuchts-Ritualen? Und sind es Restposten verkuemmerter Utopien, die sich in diesen Alltagspraktiken ausagieren? Sektion VI THEORETICAL FICTIONS In Bezug auf die imaginaeren Bilder des "machbaren Menschen" kommt es heute, unter den Vorzeichen einer extensivierten und intensivierten Techno- und Medienkultur, zu immer komplexeren Resonanzen zwischen sozialer Realitaet, wissenschaftlicher Projektion und fiktionaler Erzaehlung. Die Utopie als Entwurf einer menschlichen Zukunft entsteht entsprechend in Bezug auf die modifizierbare koerperliche Verfassung des gesellschaftlichen Menschen zunehmend aus einem Konvergenzraum aesthetischer Fiktion, wissenschaftlicher Konstruktion und politischer Konzeption heraus. Welchen Verhandlungen untersteht der Koerper in diesen komplexen, historisch spezifischen und geschichtenerzaehlenden Praktiken? Sektion VII BEGEHRTE KOERPER Das Begehren ist unendlich, denn das, was begehrt wird, ist prinzipiell unerreichbar. Umgekehrt ist es genau dieser Mangel, der das Begehren in Gang haelt und dessen Erfuellung als utopischen Endpunkt intendiert. Die verlorene Einheit, der fundamentale Entzug von Welt und Selbst soll ueberwunden, der Koerper als Garant von Praesenz und Ganzheit zurueckgewonnen werden. Diese Sehnsucht ist nicht nur der Fluchtpunkt visueller Wahrnehmungstechniken, sondern auch die erregende Kraft pornographischer Darstellungen. Und wie vollzieht sich die utopische Bewegung in und an Raeumen, die ueberblendet sind von dem Begehren, den Koerper zu besetzen? Sektion VIII UTOPIE/ DYSTOPIE Im XX. Jahrhundert zerbrachen lineare Fortschrittserzaehlungen an einschlaegigen historischen Ereignissen. In der Folge kam es zur Ergaenzung bzw. Abloesung von Utopien durch die Motive negativer Zukunftsbilder. Vor diesem Hintergrund stellt sich auch die Frage nach den Entwuerfen zukuenftiger Koerper neu. Dabei ist in den neuen Erzaehlungen der Zukunft - wie etwa im Cyberpunk oder in den Debatten um den Posthumanismus - gerade dort, wo sie (neue) Koerper praesentieren und entwerfen, keine eindeutige Trennlinie mehr zwischen utopischen und dystopischen Momenten auszumachen. weitere Informationen, Programm und Kartenvorbestellung unter www.fu-berlin.de/bodynet und www.volksbuehne-berlin.de Kartenvorbestellung bei der Volksbuehne am Rosa-Luxemburg-Platz empfohlen bis 17. Mai 2003! (begrenztes Kontingent fuer Meg Stuart/ Damaged Goods "Visitors Only"!) ------------------------------------------------------- rohrpost - deutschsprachige Liste zur Kultur digitaler Medien und Netze Archiv: http://www.nettime.org/rohrpost http://post.openoffice.de/pipermail/rohrpost/ Ent/Subskribieren: http://post.openoffice.de/cgi-bin/mailman/listinfo/rohrpost/