GanzGarNix on Tue, 20 May 2003 10:49:17 +0200 (CEST) |
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[rohrpost] G&GN-Review: LESUNG E.STRITTMATTER (signalrosa) |
EMPFEHLUNG des Instituts fuer Ganz & GarNix (www.GGN.de): Liebe Freunde der Weltliteratur!!! Wer diesem historischen Ereignis nicht beiwohnen konnte, wird an der nachfolgenden Berichterstattung unseres Hauptmitarbeiters Herrn De Toys vielleicht etwas Freude finden :-) Waehrend ihr Mann ERWIN Strittmatter vielen bekannt ist, hat die Dichterin Eva S. (Jahrgang 1930) ein aehnliches Schicksal wie Claire Goll (deren beruehmter Mann: YVAN, aber: ihre Skandalbiografie ist bis heute Kult: "Ich verzeihe keinem") und verdient vollste Aufmerksamkeit!!! Hochachtungsvoll, Ihr Samuel Lepo P.S. Die naechste Berliner LIVE-LYRIK-Lesung unseres Hausautoren findet kommenden Samstag am fruehen Abend statt: 6.Lange Buchnacht in der Oranienstraße am Samstag, 24.Mai 2003 ab 18:30 Uhr in der Eckkneipe ZUM GOLDENEN HAHN (Oranienstr.14a am Heinrichplatz) in Kreuzberg: >nichts als... semantik ueberLeben< Das Veranstaltungskombinat text flex praesentiert fuenf hypnotische Solitaere mit Schnittmengen. Es lesen... Tom de Toys 18:45 / Frank-Kirk Ehm-Marks 19:15 / Norbert Zaehringer 20:00 / Scardanelli 21:00 / Johannes Jansen 21:15 // VORSCHAU: 23.6. "WORTSINN & WAHNSINN" Tom de Toys & Bridge Markland in der lesereihe "woertlich genommen": ---> UFA-fabrik, Infos siehe: www.GGN.de/termine.html WWW-HINTERGRUND-INFOS ZUR FOLGENDEN REVIEW: Eva Strittmatter: ---> www.wort-und-kunst.com Rengha Rodewill: ---> www.rengha-rodewill.com ___________________________________________ Tom de Toys (www.mp3.de/holzhund), 18.5.2003, hier: OHNE Umlaute & scharfes S !!! 1.Lesungs-Review fuer www.spokenwordBerlin.net & www.reliwette.de (C) Copyright by G&GN-Trademark "Poemie": DONNERDICHTUNG Streitschrift-Satire fuer Eva Strittmatter statt Eva Erb Die Entscheidung ergab sich gestern abend von alleine, denn ich war zu erschoepft, um die "Lyriknacht" mit Celangweiler Kuhligk & Konsorten zu besuchen. Und den Papenfuss hoer ich mir sowieso lieber im Burger an. Also frueh schlafen gehen und frueh aufstehen: Die letzte lebende Grand Dame der deutschen Lyrik (Hilde Domin ist dagegen Hausfrauenlyrik!!!) liest auf einer Open-Air-Vernissage in Babelsberg. Ihre radikalen und selbstentbloessenden poetischen Gedanken begleiten mich schon seit Jahren, denn sie versteckt sich nicht hinter beliebigen Hohlformeln und gewollten Metaphern sondern beleuchtet die seelischen Schwierigkeiten des Dichterlebens in einer Desinteresse-Gesellschaft so souveraen bis subversiv wie ihr eigenes Leben. Und obwohl ich noch in der S-Bahn sitze und die lange Fahrt nach Griebnitzsee fuer diese Einleitung nutze, weiss ich genau, warum ich mich an einem Sonntag in Neukoelln bei sommerlichem Nieselregen morgens aus dem Bett quaele: Zu viele wirklich wichtige Kollegen habe ich bereits knapp verpasst (Beuys starb am Vorabend meines 18.Geburtstages und Dali am Vorabend meiner Entlassung aus der psychosomatischen Klinik - von Nietzsche und Artaud ganz zu schweigen), die Zeit rast ohne Ruecksicht auf Verluste weiter, und bevor ich selber von einem Auto platt gemacht werde (wie Brinkmann und Berendt), goenne ich mir lieber noch schnell einen Ausflug in den Sueden. Ah, die S-Bahn haelt - und der Nieselregen setzt wie auf Kommando wieder ein! Das ist also Griebnitzsee, fast doerflich und menschenleer... "LESUNG E. STRITTMATTER" steht mit Edding auf signalrosaroten Schildern ab der naechsten Strassenkreuzung, nachdem ich in der Bahnhofskneipe die grobe Richtung zur Domstraße 23 a erfuhr. Ich flaniere zwischen sanierten Villen und Rohbauten bei ahnungslosem Vogelgezwitscher unter saftigem Gruen und endlich: Die Sonne bricht durch! Die wenigen vorbeifahrenden Autos muessen mich fuer einen Spinner halten: auf jeder zweiten Gartenmauer stuetze ich mein loses Papier zum Schreiben und sobald ich weitergehe, faellt mir der naechste Satz ein. Bin ich ein Erbe Heideggers? Aber egal, genug geschwafelt. Mal sehen, wo sich die Galerie "Wort und Kunst" versteckt. Und die Sonne scheint weiter, na prima. Hach, tatsaechlich: ein Garten! Und voll mit Action-Painting von Rengha Rodewill, der Schuelerin eines Pollock-Weggefaehrten. Frisch gemalter Abstrakter Expressionismus mit Titeln wie "Big Bang" (1999) und neuere Pinselarbeiten "New Romanticism" (2003) genannt, die schon auf der Biennale in Florenz gezeigt wurden. Die Kuenstlerin ist anwesend und hat einen ganzen Tisch mit Kopien zahlreicher Presse-Artikel und biografischer Daten aufgebaut. Es ist halb Zwei, ich bin der erste, die meisten Bilder sind noch mit Folie gegen den Regen verhaengt. Gitarre und Querfloete des maerchenhaften Gaukler-Duos konnte ich schon von der Straße aus hoeren. Ein riesiger Halbkreis aus Bierbaenken auf der Wiese. Kein Buffet, nur Knabbereien. Mist. Ich mit mir ohne Fruehstueck. LESUNG MIT LEEREM MAGEN. Naja, immerhin Chips und Fladenbrot. Allmaehlich trudeln Leute ein. Ich setze mich mittig zur Buehne, das sind ja auch im Kino die besten Plaetze. Hinter mir das Hauptgebaeude im Park: eine Adenauer-Residenz und ehemaliges Potsdamer Forstamt. Dieser Ort ist voller Vergangenheit. Ich warte auf die Gegenwart. Und lese zwischenzeitlich das "Dance-Painting"-Manifest der Kuenstlerin. Endlich mal wieder ein Manifest! Revolution! Es wird ploetzlich etwas windig, aber die dunklen Wolken ziehen noch guenstig vorueber. Halb Drei und zwanzig Zuhoerer sind inzwischen da, die einen elegant, die andern wetterfest. Noch ein einhalb Stunden bis die Stunde der Lyrik schlaegt. Ich zerkaue die Erdnuesse und trinke Sprudel statt Bole. Unter mir die Wiese. Ob die Dichter der letzten Nacht schon wach sind? Ob sich einer von ihnen hier blicken laeßt? Richtig selbstbewusste Berufsjunglyriker und poppernde Yuppie-Autoren gehen naemlich am liebsten nur auf ihre eigenen Lesungen und streuen dann gerne Werbeluegen ueber die Bedeutung ihrer Zusammenkunft mit Spruechen wie z.B. "Der Underground wurde vor 5 Jahren erfunden" (eben durch die Gruendung ihres Netzwerk-Kluengels). Aber ich will ja nicht gleich wieder aus purer Langeweile laestern. Also 1 Stunde Schweigen fuer die Poesie-Zombies und Literatur-Mafia (Zitat: Rarisch, der von der Zeitschrift "Zirkular am Zeitstrand" fuer den Buechnerpreis vorgeschlagen wird). Bis die letzte Dichterfuerstin des 20.Jahrhunderts ihre alte, aber hellwache Stimme erhebt... (- >> << -) ...Viertel vor Vier: Hundert Einheimische (oder Touristen?) haben Platz genommen und es donnert gefaehrlich. Die Sonne findet keinen blauen Flecken mehr und als sich die 73-jaehrige E wie Eva Strittmatter auf eine Gehhilfe gestuetzt vor die Menge schiebt, hilft bald schon auch die Mikrofonverstaerkung nicht: Nach einigen Saetzen Prosa aus dem neuen Buch ihres verstorbenen Mannes Erwin prasselt das Gewitter puenktlich auf die Sonntagsgesellschaft hernieder, die nun ruckzuck ein Dach aus Regenschirmen ueber sich spannt und darunter wie eine roemische Legion verschwindet und tapfer weiter lauschen will. Ich fluechte mit einigen anderen schlecht ausgeruesteten unter einen -leider durchlaessigen- Sonnenschirm, der eines der ausgestellten bunten Bilder schuetzen soll, waehrend die Dichterin, nachdem sie mehrmals die Lesung vor lauter Regenlaerm und Blitzen skeptisch (einmal sogar lachend mitten im Satz) unterbrochen hatte, um sich zu vergewissern, ob die Situation noch ertraeglich sei, dann doch ins Atelier der Galerie-Baracke wechselt. Dort liest sie bei nicht mehr ganz so frischer Luft weiter und es wird an vielen tragikomischen Stellen aufgelacht. Als Buehnenbild dienen nun die Farbspritzer jener Bilder, die im Garten die eigentliche Buehne absteckten und ihre Entstehung an der Atelierwand bezeugen. Wie zu erwarten war, liest Strittmatter dann ihre "geheimen Gedichte" mit knattrig-klassischer Intonation (absolut austauschbar mit Hilde Domin!!!) und trotzdem kommt keine Langeweile auf, denn die Inhalte sind nicht nur tief und ehrlich sondern in ihrer Schlichtheit keineswegs trivial. Ausserdem artikuliert sie klar und deutlich mit der Schaerfe ihres Geistes. Danach wird Schlange gestanden fuer eine Signatur, die sie bei jedem als persoenliche Widmung gestaltet. Diese Frau hat ein emotional aufregendes und anstrengendes Leben hinter sich, weil sie sich schreibend von Alltagsluegen befreit. Hoffentlich war diese Veranstaltung trotz Krankheit nicht ihre einzige Lesung in diesem Jahr. Legendaer war sie allemale. Und auf dem Weg zurueck zur S-Bahn-Station bricht die Sonne wieder durch und bleibt. ___________________________ REVIEW-AUTOREN-KURZINFO: Tom de Toys, geboren 1968 in Juelich, Neuropoelitiker, gruendet 1990 das Institut für Ganz & GarNix (www.GGN.de), entdeckt 1994 "Erweiterte Sachlichkeit" (E.S.-Theorie), betreibt 1998-2000 Literatursalon im Kunsthaus Tacheles, erfindet 2001 Quantenlyrik und gruendet Trademark "Poemie", macht seit 2002 als "HOLZHUND" Sprechgesang zu Elektrobeats (www.mp3.de/holzhund). Zahlreiche Einzelpublikationen, Anthologie- u. Medienbeitraege: 2000 DeutschlandRadio: "WortSpiel: Der Trend zum Event" (Interview) 2001 "Von Acid nach Adlon und zurueck" (Gebrauchswandel des Begriffs Popliteratur) 2001 ZDF aspekte: Kinofilm "Poem" (Geschlechterkampf-Szene, jetzt: Schiller-Nachspann) 2003 "Beat me up! Slaem it up!" (36 Poemie-Tourtexte, isbn-freier G&GN-Verlag) (erhaeltlich bei: HUGENDUBEL an der Gedaechtniskirche, mit Cafe-Lounge !!!) _________________________________________________________________ G&GN IS POWERED BY TRADEMARK POEMIE AND WEBMASTER WULLE ------------------------------------------------------- rohrpost - deutschsprachige Liste zur Kultur digitaler Medien und Netze Archiv: http://www.nettime.org/rohrpost http://post.openoffice.de/pipermail/rohrpost/ Ent/Subskribieren: http://post.openoffice.de/cgi-bin/mailman/listinfo/rohrpost/