Matze Schmidt on Thu, 10 Jul 2003 11:31:00 +0200 (CEST) |
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[rohrpost] Tagung Perry Rhodan - Ein Phaenomen der Populaerkultur |
Perry Rhodan - Ein Phaenomen der Populaerkultur Tagung im Archiv der Jugendkultur/Berlin 11.-13.Juli.2003 Ort: Archiv der Jugendkulturen e.V. Fidicinstr. 3, 10965 Berlin http://www.jugendkulturen.de/ Warum diese Tagung? Zu Beginn des 20. Jahrhunderts verändert sich die Kulturlandschaft der Industrienationen grundlegend. Die Zwänge der Arbeitsgesellschaft lockern sich. Freizeitindustrie und Konsumkultur beginnen sich herauszubilden. Insbesondere in den großen Industriestädten entsteht eine Massennachfrage nach unterhaltenden Sensationen und damit ein neuer Markt. Während die Organe der Arbeiterbewegung, die an der Entstehung der freien Zeit jenseits des Fabrikgebäudes und auch an einem, wenn auch geringen Überschuss an Geldmitteln im Arbeiterhaushalt wesentlichen Anteil haben, eine ›vernünftige Erholung‹ propagieren, nehmen findige Kulturunternehmer die Möglichkeiten des Erholungs- und Freizeitmarktes wahr. Eines der Angebote, die um die knappen Mittel der Unterschichtshaushalte konkurrieren, sind in Groschenromanen veröffentlichte Fortsetzungsgeschichten: ›Hintertreppenromane‹, die von jenen gelesen werden, welche die herrschaftlichen Vordertreppen nicht betreten dürfen. Auch im Kontext der sog. ›Kulturkrise‹ um 1900 bildet sich in Angesicht der Freizeitindustrie ein Diskurs heraus, der meint, höhere Kulturwerte gegen die ›Schundromane‹ und die Sensationsindustrie verteidigen zu müssen. Dieser Diskurs, der von der Differenzierung zwischen Hoch- und Massenkultur lebt, bestimmt noch heute häufig kulturkritische Wahrnehmungsweisen. In den Massenkünsten wittert man eine Gleichmacherei des Geschmacks und unterstellt ihren KonsumentInnen den Verlust der Kritikfähigkeit. Dieser Wahrnehmung sieht sich auch die 1961 gegründete Romanserie Perry Rhodan bis heute ausgesetzt. Während aber KulturwissenschaftlerInnen solche Mythen anhand von SF-Fernsehserien, insbesondere jenen aus dem Star Trek-Universum, dekonstruiert haben, ist die Perry Rhodan-Serie bislang nicht Gegenstand einer derart umfangreichen Forschung geworden. Kursorisch erschienen über die Jahrzehnte verstreut immer wieder Beobachtungen, aber diese lassen sich schwerlich in einem kontinuierlichen Forschungskontext zusammenfassen. Das ist insofern erstaunlich, als es sich um ein ausgesprochen erfolgreiches literarisches Projekt handelt. Die PR-Serie ist nicht nur die weltweit auflagenstärkste SF-Serie, sie stellt mit einer Laufzeit von nunmehr über 40 Jahren auch ein einmaliges kulturhistorisches Archiv dar. Weiterhin ist sie kein Produkt der amerikanischen Popularkultur, sondern der deutschen und wird international breit rezipiert. Zugrunde liegt ihr bis heute die Arbeit eines Autorenkollektivs. Die projektierte Tagung kann der zu konstatierenden, fachübergreifenden Forschungslücke nicht abhelfen, aber sie möchte sie doch zumindest ein wenig füllen. Es geht ihr daher darum, in einem verdichteten Diskussionskontext kulturwissenschaftliche, -soziologische und -historische Perspektiven auf das populärkulturelle Ereignis Perry Rhodan anzusetzen. Anvisiert wird die Eröffnung eines interdisziplinären Horizontes, der die Serie als ein spezifisches Medium kultureller Reflexivität nicht nur der bundesdeutschen Gesellschaft zugänglich macht. Tagungsprogramm Freitag, den 11. Juli 2003 19:30 Uhr Begrüßung 20:00 Uhr Eröffnungsvortrag Dietmar Dath: Simile venit ad simile: Warum man Superintelligenzen nicht vergleichen kann. Samstag, den 12. Juli 2003 09:00 - 10:00 Uhr Rainer Nagel: Perry Rhodan in der Übersetzung - Perspektiven der internationalen Rezeption 10:00 - 11:10 Uhr Dierk Spreen: Perry Rhodan als Phänomen der Massenkultur 11:20 - 12:30 Uhr Hartmut Kasper: Erzählungen aus dem Hyperraum. Zur Mythologisierung zukunftsträchtiger Motive im Perry-Rhodan-Kosmos 12:30 - 14:00 Uhr Mittagspause 14:00 - 15:00 Uhr Matze Schmidt: Roman's "Appropriance Fiction": Wie ein fiktiver SF-Held sich sein Klischee Perry Rhodan aneignet. 15:00 - 16:10 Uhr Gregor Sedlag: Bundesrepublikanisches Lebensgefühl im Spiegel der Perry-Rhodan-Serie 16:30 - 17:40 Uhr Hans Esselborn: Topoi der Kritik an Perry Rhodan seit den 70er Jahren 17:40 - 18:40 Uhr Ole Frahm: Perry-Rhodan-Comics 19:00 - 20:30 Uhr Abendvortrag Rainer Stache: Perry Rhodan - kybernetisch Sonntag, den 13. Juli 2003 09:30 - 11:00 Uhr Regina Schleicher: Science Fiction und Geschlecht 11:00 - 12:30 Uhr Alexander Seibold: Der Gott der Terraner 12:30 - 13:00 Uhr Abschlussdiskussion 13:00 Uhr Ende der Tagung Zu den Vortragenden * Dietmar Dath ist Redakteur im Feuilleton der Frankfurter Allgemeine Zeitung. * Hans Esselborn lehrt Neuere deutsche Literaturwissenschaft an der Universität Köln. * Ole Frahms erhielt als Mitglied der Hamburger Gruppa Ligna den Alternativen Medienpreis 2003 in der Kategorie 'Radio'. * Hartmut Kasper ist promovierter Germanist. * Rainer Nagel ist Professor für Anglistik an der Universität Mainz. * Regina Schleicher forscht am Institut für Romanische Sprachen und Literaturen der Universität in Frankfurt a.M. * Matze Schmidt ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Kunsthochschule Kassel im Fachbereich Kunstwissenschaft. * Gregor Sedlag ist Historiker und staatlich geprüfter Werbefachmann mit dem Diplom der Akademie für Marketing-Kommunikation. * Alexander Seibold ist promovierter Theologe (kath.) und arbeitet als freier Autor für TV, Radio und Printmedien. * Dierk Spreen ist wissenschaftlicher Assistent im Fach Soziologie an der Universität Paderborn. * Rainer Stache ist Journalist und veröffentlichte 1986 seine Dissertation mit dem Titel "Perry Rhodan. Überlegungen zum Wandel einer Heftromanserie". Organisatorisches * Die Tagung soll zwei Tage dauern und findet in Berlin vom 11.-13.7.2003 statt. Veranstaltungsort ist das Archiv der Jugendkulturen e.V. * Anmeldung bitte mit dem entsprechenden Anmeldebogen (Download) per Fax an (030) 6913016, per e-Mail: klaus.farin@jugendkulturen.de oder per Post an die Anschrift: Archiv der Jugendkulturen e.V., Fidicinstraße 3, 10965 Berlin. * Der Tagungsbeitrag beträgt 38,- Euro und wird zu Beginn der Tagung erhoben. In diesem Beitrag sind die Kosten für Kaffee, Tee und Gebäck während der Tagung und ein Exemplar des für Oktober 2003 geplanten Tagungsbandes enthalten. * Journalisten sind vom Tagungsbeitrag befreit (bitte mit Kopie der Presseausweises anmelden) * Organisationsteam: Klaus Bollhöfener, Klaus Farin, Klaus N. Frick, Gregor Sedlag, Dierk Spreen * Veranstalter: Archiv der Jugendkulturen e.V., Berlin; Fach Soziologie, Universität Paderborn * Sponsor: Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt Einige Literaturhinweise Ellerbrock, Beate. 1976. Perry Rhodan. Untersuchung einer Science-Fiction-Heftromanserie. Gießen. Friedrich, Hans-Edwin. 1995. Science-fiction in der deutschsprachigen Literatur. Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur, 7. Sonderheft. Galle, Heinz J. 1998. Volksbücher und Heftromane. Ein Streifzug durch 100 Jahre Unterhaltungsliteratur. Passau. Graf, Werner. 1981. "Die Rätselwelt. Auskunft über tausend Wochen Perry-Rhodan-Lektüre." In: Literatur & Erfahrung, 7, S. 45-64. Hallmann, Claus. 1979. Perry Rhodan. Analyse einer Science-fiction-Romanheftserie. Frankfurt am Main. Kasper, Hartmut. 1999. "Perry Rhodan - Ecce homo." In: Ästhetik & Kommunikation, 104, S. 81-86. - 2000. "Die Welt ist hohl." In: Ästhetik & Kommunikation, 110, S. 81-88. - 2000. "Menschenknochen und ein Damenschuh - Rhodan muss in der Nähe sein." In: Das Science Fiction Jahr 2000. München. - 2002. "Unsere Männer im All. Kleine Anatomie der deutschen Zukunftsroman-Serienhelden und ihrer Begleiter(innen)." In: Das Science Fiction Jahr 2002. München Klein, Hans-Peter. 1976. Zukunft zwischen Trauma und Mythos: Science-fiction. Zur Warenästhetik, Sozialpsychologie und Didaktik eines literarischen Massenphänomens. Stuttgart. Maase, Kaspar. 1997. Grenzenloses Vergnügen. Der Aufstieg der Massenkultur 1850-1970. Frankfurt am Main. Mallinckrodt, Anita M. 1984. Das kleine Massenmedium. Soziale Funktion und politische Rolle der Heftreihenliteratur in der DDR. Köln. Mikos, Lothar. 1999. "Der Feingeist der Proleten." In: taz mag, 24./25.7.1999, S. 4 Nagl, Manfred. 1972. Science Fiction in Deutschland. Tübingen. Schröder, Torben. 1998. Science Fiction als Social Fiction. Das gesellschaftliche Potential eines Unterhaltungsgenres. Münster. Schwonke, Martin. 1957. Vom Staatsroman zur Science Fiction. Eine Untersuchung über Geschichte und Funktion der naturwissenschaftlich-technischen Utopie. Stuttgart. Seeßlen, Georg. 1994. Tanz den Adolf Hitler. Faschismus in der populären Kultur. Berlin. Stache, Rainer. 22002. Perry Rhodan. Überlegungen zum Wandel einer Heftromanserie. Berlin. Teuscher, Gerhard. 1999. Perry Rhodan, Jerry Cotton und Johannes Mario Simmel. Eine Darstellung zu Theorie, Geschichte und Vertretern der Trivialliteratur. Stuttgart.
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