Anne Schreiber on Mon, 19 Nov 2001 22:28:50 +0100 (CET) |
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[rohrpost] Cyberfeministische Internationale, 13.12.2001, Hamburg |
Hi, die 3. Cyberfeministische Internationale Konferenz findet vom 13.12. 2001 bis 16. 12. 2001 in Hamburg statt. Weitere Infos unter: http://www.kuni.org/v/obn/obn-pro.htm#vci Aus aktuellem Anlass nachfolgend eine weiterfuehrende Gespraechsanregung: ein kurzer Beitrag von Verena Kuni zu Cyberfeminismus, der in der Berliner Gazette, 26.09. [thatcher] erschien. Viele Gruesse, Anne Schreiber - http://www.berlinergazette.de Soft Skills oder: >>Warum Cyberfeminismus kein gruenes Haekeldeckchen ist.<< [ ] E-Glosse: Verena Kuni, Medienwissenschaftlerin [1] Alle reden von Cyberfeminismus? Das klingt wie ein Maerchen aus der Zeit, als der >Cyber<-Hype noch geholfen hat. Doch in Kombination mit dem Neue-Medien-Kompetenz signalisierenden Appendix scheint das sonst so verpoente >F*********<-Wort nicht wenigen Menschen erstaunlich leicht ueber die Lippen zu gehen. Und zwar nicht nur im Umfeld der akademischen Gender-Studies, wo mittlerweile sogar schon ganze Abschlussarbeiten zum Thema Cyberfeminismus verfasst werden. Die deutsche Uebersetzung von >Zeros and Ones<, dem Buch, mit dem die britische Kulturwissenschaftlerin Sadie Plant den Begriff Mitte der neunziger Jahre - und damit parallel zu der australischen Kuenstlerinnengruppe VNS [sprich: Venus] Matrix [2] -in den Fachjargon der Cybergemeinde einbrachte, erschien vergangenen Herbst sogar bereits in zweiter Auflage - und zwar als Goldmann-Taschenbuch. Mithin also in einem publizistischen Umfeld, das sich normalerweise nicht gerade als Sprachrohr fuer Nischenkulturen wie ElfenbeinturmbewohnerInnen oder gar Feministinnen versteht. Nun ist bei Sadie Plant selbst weniger von Feministinnen und von den Technologien des Geschlechts als vielmehr von >Digitalen Frauen< als Protagonistinnen der neuen Technokultur die Rede, jenen mythischen Wesen also, die man leicht mal eben mit der Robotermaid >Maria< aus Fritz Langs und Thea von Harbous >>Metropolis<< verwechseln kann. Zur Popularitaet des Zauberwortes Cyberfeminismus hat Plant auf diese Weise sicherlich beigetragen - den Bezug zu einer real existierenden (cyber)feministischen Netzpraxis bzw. deren Potentialen und Perspektiven bleibt sie jedoch weitgehend schuldig. Das waere vor der Hand vielleicht nicht weiter problematisch (zumal es ja u.a. noch die oben erwaehnten akademischen Abschlussarbeiten gibt). Wenn aus diesem schnoeden Umstand nicht auch die KritikerInnen von Cyberfeminismus ihre Argumente beziehen wuerden, deren schlichte Formel man wie folgt zusammenfassen koennte: Cyberfeminismus ist das Ergebnis einer oberflaechlichen Lektuere der Schriften Donna Haraways, gewuerzt mit ein paar flotten Stories aus der Geschichte der digitalen Technologien (= Plant) und anschliessend dekoriert mit ein bisschen Kunst (= VNS Matrix).Stell dir vor, alle reden von Cyberfeminismus - und keine(r) weiss, worum es dabei geht. Selbst schuld, liebe Cyberfeministinnen koennte man da natuerlich sagen. So macht man das doch auch nicht. In einem Manifest z.B. sollte ganz klar stehen, was Cyberfeminismus ist. Und nicht, was Cyberfeminismus nicht ist: >>Cyberfeminismus ist kein gruenes Haekeldeckchen<< [3]. Und dann hiess das, was ihr damals zum Abschluss der Ersten Cyberfeministischen Internationalen im Hybrid Workspace auf der documenta X in Kassel veroeffentlicht habt, noch nicht mal Manifest, sondern >100 Anti-Thesen<. Woran soll man sich denn da halten, bitte schoen? Dass Cyberfeminismus - anders als es Plants farbenfrohe Gegenwartsmythologie suggerieren mag - keine schlichte Differenzrechnung aus Einsen und Nullen ist (im Sinne von: Die Mathematik wie gehabt, nur unter umgekehrten Vorzeichen) und auch kein Allzweckwerkzeug, bei dem die idiotensichere Bedienungsanleitung gleich mitgeliefert wird, scheint fuer manche ein echtes Problem zu sein. Aber moeglicherweise geht es doch gerade darum, sich immer wieder ganz gezielt Probleme zu machen und die Gender Troubles im Umgang mit Informations- und Biotechnologien gerade dort, wo sie laengst auf der Hand zu liegen scheinen, neu zu formulieren - anstatt sich von anderen sagen zu lassen, welche Probleme man als >Frau< mit digitalen Technologien haben soll? Mit Bastelanleitungen (>Cyberfeminismus - leicht gemacht!<) und kanonischen Definitionen (>Die Wahrheit ueber Cyberfeminismus<) ist da niemandem gedient. Wohl aber mit dem Austausch ueber Werkzeuge und Strategien, ueber theoretische und praktische Anwendungen also, die das Label Cyberfeminismus mit Leben fuellen. Dem dienen neben Mailinglisten und face2face-Treffen im Rahmen von Medienfestivals, Ausstellungen und Symposien die >Cyberfeministischen Internationalen<, zu deren mittlerweile dritter - der >Very Cyberfeminist International< - das Old Boys Network (OBN) [4] fuer diesen Dezember nach Hamburg einlaedt [5].Stell Dir vor, alle reden von Cyberfeminismus - im Singular. Dabei kann man ihn im Plural vielleicht sogar praktizieren. Im (Old Boys') Netzwerk beispielsweise. Neugierig geworden? Mailto: boys@obn.org! 1. http://www.kuni.org/v/ 2. http://sysx.org/vns 3. http://www.obn.org/kassel/index.html 4. http://www.obn.org 5. http://www.kuni.org/v/obn/obn-pro.htm#vci ------------------------------------------------------- rohrpost - deutschsprachige Liste fuer Medien- und Netzkultur Archiv: http://www.nettime.org/rohrpost Info: http://www.mikro.org/rohrpost Ent/Subskribieren: http://post.openoffice.de