Christoph Hoefig on Thu, 14 Nov 2002 10:35:07 +0100 (CET) |
[Date Prev] [Date Next] [Thread Prev] [Thread Next] [Date Index] [Thread Index]
[rohrpost] t-u-b-e newsletter: Vom Hörspiel zum AudioHyperspaceTeil 2, 14.11.02 |
Vom Hörspiel zum AudioHyperspace Ein Gang durch die Geschichte der Akustischen
Medienkunst
Teil II
______________________________________________________________________________ t-u-b-e
www.t-u-b-e.de im EINSTEIN Kulturzentrum
Donnerstag, 14. November, 20 Uhr Vom Hörspiel zum AudioHyperspace
Von Anfang an hat das Hörspiel als genuine Kunstform des Radios
das technologische, konzeptu-elle, poetische und metaphorische Potenzial
seiner Apparatur thematisiert und künstlerisch verar-beitet. Das,
was Jahrzehnte später mit dem Begriff Akustische Medienkunst umrissen
wird, hat seine Wurzeln in den "Audio-Visionen" des damals neuen Mediums
Radio, namentlich in Prinzi-pien wie Vernetzung, Zweiwegkommunikation und
Interaktion.
Teil II
Günter Eichs Hörspiele der 50er Jahre als “konservative Klassiker" zu kategorisieren, ist eine recht undifferenzierte Zuschreibung. In zumindest einer Hinsicht ist Eich sehr aktuell: Etliche seiner Stücke thematisieren die erzählerische Option, die Verzweigung des narrativen “Auf-die-Reihe-Bringens": Was wäre passiert, wenn... Was könnte passieren, falls ... Immer wieder scheinen diese Motive in Eichs Hörspielen auf. Geschickt spielen sie mit nicht-linearen Prinzipien, geben zuweilen gar dem Protagonisten, stellvertretend für den Hörer, Gelegenheit, die selbe Geschichte neu, in einer alternativen Version zu erzählen. Vorgestellt werden: Geh nicht nach El Kuwehd (1956) und Die Mädchen aus Viterbo (1953). Doch manchen Autoren der sechziger Jahre, die sich damals gegen als autoritär empfundene Konventionen auflehnen wollten, war das nicht genug. Sie forderten, ganz im Sinne der emanzipatorischen Brecht'schen Radiotheorie, dass aus dem “passiven" Rezipienten ein operativ tätiger Sender werden sollte. Nur: Wie ließ sich das im Hörspiel, das ans Broadcast-Medium Radio gebunden war, umsetzen? - Richard Heys Hörspiel "Rosie" (1968) gab den Hörern Gelegenheit, den Verlauf des Stücks per Mehrheitsabstimmung zu entscheiden. Zwei alternative Handlungen standen zur Wahl. Gleichzeitig waren die Hörer aufgerufen, in Telefonaten ausführlich ihre Meinung zum Thema zu veröffentlichen und mit den Moderatoren der Sendung zu erörtern. Parallel zu diesen Hörspielen sollen Ausschnitte weiterer Stücke präsentiert und beispielhafte multi-optionale Hörstücke aus dem Internet vorgeführt werden. Sabine Breitsameter ist Spezialistin für akustische Medienkunst und arbeitet als Redakteurin/Dramaturgin,
Veranstal-tungsmacherin und Autorin. Für SWR2 gibt sie monatlich die
Webseite "AudioHyperspace" heraus, in der sie die Spuren des Hör-Spiels
in den digitalen Netzwerken verfolgt, präsentiert und kommentiert.
Für Hörfunk und Printmedien verfasste sie zahlreiche theoretische
Beiträge zur akustischen Kunst im digitalen Zeitalter. Sie lehrte
experimentelles Radio und akustische Medienkunst u.a. an der Bauhaus Universität
Weimar, der University of Illinois/Chicago, derzeit an der Kunsthochschule/Martin
Luther-Universität Halle.
Die vorgestellten Hörstücke sind wie folgt in der t-u-b-e zu hören: 15., 21. und 24.11.02 DER TIGER JUSSUF
Tiger Jussuf: Siegfried Wischnewski
Regie: Kurt Reiss
Ein entsprungener Zirkustiger erzählt von seinen Wandlungen und
Verwandlungen unter den Menschen. Er befindet sich in tiefem Zweifel über
die eigene Identität, da er doch jedes mal die Natur derer annahm,
die er fraß oder in die er sich magisch hineinversetzte. Nicht genug
damit, wird seine Krise noch verschärft durch diverse Eigenschaften
der Menschen: die Bestie spricht gleichzeitig aus verschiedenen Mündern,
und so herrscht an Irrungen und Wirrungen kein Mangel. Heinz Piontek schrieb
über Günter Eichs Hörspiel u. a.: "... Jussuf führt
uns das Rätselhafte der Existenz wieder vor Augen, die Fragwürdigkeit
der Identität ..."
DIE MÄDCHEN AUS VITERBO
Regie: Karl Peter Biltz
Sprecher:
19. und 22.11.02 GEH´ NICHT NACH EL KUWEHD
Mit:
Regie: Karl Peter Biltz
Als Günter Eichs erstes Hörspiel "Geh' nicht nach EI Kuwehd" 1950 urgesendet wurde, vermeinten die Kritiker und Eich-Kenner den 'mythischen Schauer des Schicksals' verspürt zu haben. Das Hörspiel vom reichen Kaufmann Mohallab, der im Traum sein Vermögen, seine Geliebte und sein Leben verliert und sich, nach seinem Erwachen, in die Realität dieses Traumes begibt, deuteten sie als Eichs Botschaft von der Hilflosigkeit des Menschen gegenüber einem übermächtigen, unabwendbaren Schicksal. In den Zeiten der allgemeinen Tabuisierung der jüngsten Vergangenheit und, wie sich heute zeigt, verhängnisvollen Realität ist diese Interpretation Ausdruck ihrer Zeit. Aber sie ist falsch. Günter Eich hat sich in allen seinen Werken für den aktiven Widerstand gegen die Mächtigen, gegen den Schlaf der Gerechten, gegen die scheinbare (weil bequeme?) Ohnmacht der Machtlosen ausgesprochen. Wenn der Kaufmann Mohallab am Schluss des Hörspiels sagt: "Ich gehe", unterwirft er sich nicht dem, irgendeinem Schicksal, sondern fordert es heraus, um sich als Mensch beweisen zu können. "Als die eigentliche Sprache erscheint mir die, in der das Wort und
das Ding zusammenfallen. Aus dieser Sprache, die sich rings um uns befindet,
zugleich aber nicht vorhanden ist, gilt es zu übersetzen. Wir Übersetzen,
ohne den Urtext zu haben. Die gelungenste Übersetzung kommt ihm am
nächsten und erreicht den höchsten Grad von Wirklichkeit." Dieser
'höchste Grad von Wirklichkeit' , den Günter Eich als das Ziel
schriftstellerischer Betätigung ansieht, ist ein Charakteristikum
seiner Werke. Freilich handelt es sich nicht um eine Wirklichkeit, die
die Umwelt nur widerspiegelt, sondern um die Darstellung einer von ,Raum
und Zeit unabhängigen Welt, in der der Traum ebenso real ist wie die
Wirklichkeit.
ROSIE
Erste Stimme: Gert Westphal
Regie. Richard Hey
Der Präsident eines Automobilkonzerns beauftragt seinen Computer,
der ihm den Verwaltungsapparat ersetzt, die Vorbereitungen für die
Einführung eines neuen Autos zu treffen, das auf den Namen seiner
Tochter Rosie getauft werden soll. Seine uneingeschränkte Herrschaft
als Konzernboß ist jedoch durch Eduard, einen jungen Außenseiter,
der sich niemandem unterordnen will, bedroht.
20. und 23.11.02
Ton: Waltraud Rasche
Produktionsdatum: 13.-15.12.1982
"Dreißig Tage stand in der Kasseler Fußgängerzone ein
barackenähnlicher, fast fensterloser Kasten. Wer ihn, durch entsprechende
Aufschriften ermuntert, betrat, konnte im Innenraum hinter den stoffbespannten
Wänden recht unterschiedliche Stimmen vernehmen: Äußerungen
nämlich, die zuvor von anderen Besuchern des 'Meinungscontainers'
in einer ebenfalls dort aufgestellten 'Sprechkabine' getan, auf Band aufgezeichnet,
dem neu hinzugekommenen Publikum über sechs Lautsprecher zugänglich
gemacht wurden. Wer Lust hatte, konnte also dem Gehörten ganz anonym
seinen eigenen Beitrag hinzufügen. So entstand allmählich eine
akustische Pinwand, verbale Graffiti unterschiedlichsten Inhalts, die wahllos
und gänzlich unzensiert auf alle einredeten, die diese 'Meinungsausstellung'
besuchten. Es entstand kein Programm. Dafür eine vielfältige
und sonderbare Mischung aus kurzen Statements und langen Volksreden, aus
aggressiven Äußerungen und traurigen Sätzen, aus Blödeleien,
Sprachspielen, Gedichten, Liedern, Obszönitäten, Appellen, Predigten,
kurz: ein echter 'Privatfunk' ohne Hierarchie der Werte und Personen, ein
medialer Urzustand, chaotisch, aber frei von Pression. Es war ein manchmal
ermutigendes Experiment mit der vielbeschworenen Meinungsfreiheit, die
so selten verspürt wird." (Jürgen Geers)
VON GASTGEBERN UND GÄSTEN
Produktion: WDR 1971, 61´30 Min. 'Von Gastgebern und Gästen' handelt von ausländischen Arbeitern
in der BRD und ihrem Verhält-nis zur Bevölkerung. Es zeigt offene
Vorurteile und unbewusste Voreingenommenheiten den Gastarbeitern gegenüber.
Es zeigt die Schwierigkeiten der ausländischen Arbeiter sowie ihre
Vor-stellungen für die Lösung ihrer Probleme. Es versteht ihre
Lage als Teil der allgemeinen Lage der internationalen Arbeiterklasse.
Luca Lombardi (9145 in Rom geboren), Klavier- und Kompositionsstudium in Rom (Lettere moderne). 1967 gründete er in Rom den „gruppo rinnovamento musicale“, eine Gruppe, mit der er seitdem Konzerte zeitgenössischer Musik in Schulen, Universitäten, auf Straßen und Plätzen, in Konzertsäälen und Fabriken organisierte. Seit Oktober 1968 in Köln als Stipendiat des Deutschen Akademischen Austauschdienstes. Kompositionsstudium an der Hochsschule für Musik bei Bernd Alois Zimmermann und Vinko Globokar. Teilnahme an den Kölner Kursen für Neue Musik 1968 (Stockhausen), 1969 und 1970 (Kagel). Arbeit im elektronischen Studio der Universität Utrecht. Leiter des Arbeiterchores in Köln, Kompositionen u.a.: „Albumblätter“ für Klavier, „Diagonal“ für zwei Transistorradios, „Proporzioni“ für vier Posaunen. Verschiedene Fernsehfilme und Veröffentlichungen. Hans-Günther Dicks (geboren 1941), Studium der Mathematik und Physik
an der Universität Köln, während dieser Zeit Mitglied der
Arbeitsgemeinschaft für Filmfragen, später der Basisgruppe Film
an der Universität Köln. Mitarbeit an kleineren Filmdokumentationen.
Seit 1968 Mitglied des Republikanischen Clubs Köln, dort zeitweise
Sekretär. Aktiv tätig in Kriegsdienstverweigerungsorganisationen
und –beratung, verschiedene Veröffentlichungen.
Eine Veranstaltung in Zussammenarbeit mit Westdeutschen Rundfunk
Der Eintritt zu den Veranstaltungen in der t-u-b-e ist frei. ________________________________________________________________________ Impressum t-u-b-e
Internet: www.t-u-b-e.de EINSTEIN Kulturzentrum, Einsteinstr. 42, 81667 München MVV: Max-Weber-Platz, U-Bahn und Tram
Ein Projekt der Landeshauptstadt München
Projektleitung:
Kontakt:
Presse:
Kuration:
_________________________________________________________________________ Hinweis zum Versand des t-u-b-e newsletter Liebe Interessentin,
mit dem t-u-b-e newsletter möchten wir Sie auf das aktuelle Programm aufmerksam machen. Wir freuen uns auch über jede Rückmeldung, Anregung und Kritik und wir bitten Sie, uns Ihre Meinung mitzuteilen. Ihre Anschrift wird als Blind Copy in unseren Verteiler eingefügt. Damit schützen wir Ihre e-mail-Adresse, denn kein anderer Empfänger kann diese Informationen einsehen. Sollten Sie unsere Informationen nicht benötigen, senden Sie uns bitte eine kurze Nachricht an christoph.hoefig@muenchen.de . Wir werden dann sofort Ihre Anschrift aus dem Verteiler nehmen. Mit freundlichen Grüßen Christoph Höfig |