Matteo Pasquinelli on Thu, 11 Mar 2004 19:34:24 +0100 (CET)


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[rohrpost] Radikale Maschinen




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Matteo Pasquinelli

Radikale Maschinen gegen das Techno-Empire.
Von der Utopie zum Netzwerk
 

            Jeder von uns ist eine Maschine des Realen,
            jeder von uns ist eine konstruktive Maschine.
            Toni Negri

            Technische Maschinen funktionieren nur, wenn sie nicht
            kaputt sind. Im Gegensatz dazu gehen Wunschmaschinen
            dauernd kaputt, während sie laufen, und tatsächlich laufen 
sie
            nur dann, wenn sie nicht ordentlich funktionieren. Die Kunst
            macht sich diese Eigenschaft häufig zunutze, indem sie echte
            Gruppenphantasien produziert, in denen die Wunschproduktion
            dazu benutzt wird, die soziale Produktion kurzzuschließen und
            in die reproduktive Funktion der technischen Maschinen durch
            die Einführung eines Elements der Störung einzugreifen.
            Gilles Deleuze, Felix Guattari, Anti-Ödipus

 

Was ist Wissensaustausch? Wie funktioniert die Wissensökonomie? Wo ist 
der General Intellect[1] am Werke? Nehmen wir zum Beispiel den 
Zigarettenautomaten. Die Maschine, die wir sehen, ist die Verkörperung 
eines naturwissenschaftlichen Wissens über Hard- und 
Softwarekomponenten, Generationen von Ingenieurstechnik zur 
kommerziellen Nutzung übereinandergeschichtet: Sie verwaltet 
automatisch Geld- und Warenflüsse, ersetzt einen Menschen durch ein 
nutzerfreundliches Interface, verteidigt Privateigentum, funktioniert 
auf der Grundlage einer minimalen Kontroll- und Nachlieferungsroutine.

  Wo ist der Tabakhändler geblieben? Manchmal genießt er die 
dazugewonnene Freizeit. Manchmal hat ihn die Firma, der die 
Vertriebskette gehört, ersetzt. An seiner Stelle trifft man oft den 
Techniker an.

Weit davon entfernt, dem Marx´schen Fragment über Maschinen ein 
Fragment über Zigarettenmaschinen nachzubilden, soll dieses unheilvolle 
Beispiel zeigen, wie lebendig postfordistische Theorien um uns herum 
sind, und dass von kollektiver Intelligenz gebaute, materielle oder 
abstrakte Maschinen organisch an die Ströme der Ökonomie und an die 
unserer Bedürfnisse angebunden sind.

Statt über einen General Intellect zu reden, sollten wir besser von 
General Intellects im Plural sprechen. Kollektive Intelligenz nimmt 
viele Formen an. Manche können zu totalitären Systemen werden, wie etwa 
die militärisch-managerhafte Ideologie der Neocons[2] um George Bush 
oder die des Microsoft-Empire. Andere können in sozialdemokratischen 
Bürokratien verkörpert sein, im Apparat der Polizeikontrolle, der 
Mathematik der BörsenspekulantInnen, der Architektur unserer Städte 
(jeden Tag gehen wir durch/über Konkretionen kollektiver Intelligenz).

In den Dystopien von '2001: A Space Odyssey' und 'Matrix' entfaltet das 
Maschinengehirn ein Bewusstsein seiner selbst bis zu dem Punkt, wo es 
sich des Menschen entledigt. Dagegen produzieren 'gute' kollektive 
Intelligenzen internationale Kooperationsnetzwerke wie etwa das 
Netzwerk der globalen Bewegung, der prekären ArbeiterInnen, der 
EntwicklerInnen von Free Software, des Medienaktivismus. Außerdem 
produzieren sie den Wissensaustausch an den Universitäten, die offenen 
Urheberrechte der Creative Commons, partizipative Stadtplanung, 
Erzählungen und das Imaginäre der Befreiung.

Von einer geopolitischen Perspektive aus könnten wir uns in einer 
Sci-Fi-Paranoia von Philip Dicks wiederfinden: Die Erde wird von einer 
Intelligenz dominiert, doch innerhalb dieser Intelligenz entwickelt 
sich ein Krieg zwischen zwei Organisationen des General Intellect, 
einander entgegengesetzt und doch ineinander verwickelt.

Gewöhnt an die traditionellen Repräsentationsformen der globalen 
Bewegung gelingt es uns nicht, die neuen produktiven Konflikte zu 
begreifen. So besorgt, wie wir über den imperialen Krieg sind, erkennen 
wir die Zentralität dieses Kampfes nicht. Mit Manuel Castells 
definieren wir die Bewegung als eine Subjektivität des Widerstands, die 
es nicht schafft, eine Subjektivität des Projekts zu werden. Die 
Entfernung zwischen der globalen Bewegung und dem Zentrum 
kapitalistischer Produktion ist uns nicht bewusst. Eine Formulierung 
von Paolo Virno paraphrasierend sagen wir, dass neue Produktionsweisen 
schon jetzt zu viel Politik beinhalten, als dass die Politik der 
Bewegung noch irgendeine Form von autonomer Würde genießen könnte.[3]

Die Ereignisse von 1977 (nicht nur in Italien, denken wir auch an die 
Blütezeit des Punk) haben das Ende des 'revolutionären' Paradigmas und 
gleichzeitig den Beginn des Paradigmas der Bewegung bestätigt. Neue 
Konflikträume im Bereich der Kommunikation, der Medien und der 
Produktion des Imaginären wurden eröffnet. Heute erkennen wir, dass die 
'Bewegung' als Format überwunden werden muss - wahrscheinlich zugunsten 
des Formats des Netzwerks .

Drei Formen des Handelns, im 19. Jahrhundert noch klar voneinander 
getrennt - Arbeit, Politik und Kunst -, sind nun in einer einzigen 
Haltung integriert und stehen im Zentrum jedes produktiven Prozesses. 
Um zu arbeiten, Politik zu treiben oder das Imaginäre zu produzieren, 
braucht man heute hybride Fähigkeiten. Das bedeutet, dass wir alle 
ArbeiterInnen-KünstlerInnen-AktivistInnen sind, aber es bedeutet auch, 
dass die Figuren von Militanten und KünstlerInnen überwunden sind und 
dass solche Fähigkeiten sich nur in einem gemeinsamen Raum formieren - 
und dieser Raum ist der Wirkungsbereich des kollektiven Intellekts.

Seit Marxens Grundrissen ist der General Intellect zum Ausgangspunkt 
einer immer zahlreicher werdenden Begriffsfamile geworden, die eine 
große Bandbreite von Gegenständen abdeckt: Wissensbasierte Ökonomie, 
Informationsgesellschaft, kognitiver Kapitalismus, immaterielle Arbeit, 
kollektive Intelligenz, kreative Klasse, Kognitariat, Wissensaustausch, 
Postfordismus. In den letzen paar Jahren ist das politische Lexikon 
reich geworden an ineinander verwobenen kritischen Werkzeugen. Wir 
drehen sie in unseren Händen herum und fragen uns, worin genau wohl ihr 
Nutzen besteht. Der Einfachheit halber haben wir nur solche Begriffe 
zur Kenntnis genommen, die einen aufklärerischen, spekulativen, 
engelshaften und fast neognostischen Ansatz geerbt haben. Aber die 
Wirklichkeit ist sehr viel komplexer, und wir warten auf neue Formen, 
die für sich diejenige Rolle beanspruchen können, die im selben Feld 
dem Begehren, dem Körper, der Ästhetik, der Biopolitik zustehen.

Wir erinnern uns auch an die Auseinandersetzung um kognitive versus 
prekäre ArbeiterInnen, zwei Seiten der gleichen Medaille, die die 
Pre-Cogs[4] von Chainworkers.org  folgendermaßen beschreiben: 
"Kognitive ArbeiterInnen sind NetzwerkerInnen, prekäre ArbeiterInnen 
werden vernetzt, erstere sind 'Brainworkers', letztere 'Chainworkers': 
Erstere wurden erst von den Firmen und Finanzmärkten verführt, dann 
fallengelassen, letztere wurden in die globalen Kapitalströme 
hineingezogen und von ihnen flexibel gemacht".[5]

Der Punkt ist, dass wir nach einem neuen kollektiven Akteur suchen, und 
nach einem neuen Ansatzpunkt für den angerosteten revolutionären Hebel. 
Der Erfolg des Konzepts der Multitude spiegelt gleichzeitig den 
gegenwärtigen Orientierungsverlust wider. Kritisches Denken drängt 
beständig darauf hin, den neuen kollektiven Akteur zu finden, der den 
Zeitgeist verkörpern könnte. In einem Rückgriff auf die Geschichte 
können wir die Formen rekonstruieren, die jedem Paradigma politischer 
Aktion zugrunde liegen: Der mehr oder weniger kollektive soziale 
Akteur, die mehr oder weniger vertikale Organisation, das mehr oder 
weniger utopische Ziel. Proletariat und Multitude, Partei und Bewegung, 
Revolution und Selbstorganisation.

Im aktuellen Imaginären scheint der kollektive Akteur der General 
Intellect  (oder wie immer es genannt werden soll) zu sein. Seine Form 
ist das Netzwerk, sein Ziel die Schaffung einer Plattform von 
Selbstorganisation, sein Handlungsfeld der biopolitische, spektakuläre, 
kognitive Kapitalismus.

Wir reden hier nicht über die Multitude, weil dieses Konzept 
gleichzeitig zu edel und zu aufgeblasen ist, Erbe von 
jahrhundertelangem Philosophieren und allzu oft ausgerufen von den 
Megaphonen in den Demonstrationszügen. Das Konzept der Multitude war 
eher nützlich als ein Exorzismus gegen die identitären Täuschungen der 
globalen Bewegung, denn als konstruktives Werkzeug. Die Pars Construens 
wird eine Aufgabe für den General Intellect sein: Wenn Philosophen wie 
Paolo Virno eine gemeinsame Basis finden müssen, den verlorenen 
kollektiven Akteur, dann rekonstruieren sie die kollektive Intelligenz 
und Kooperation als entstehende und konstitutive Eigenschaften der 
Multitude.

In einer anderen paranoiden Fabel stellen wir uns vor, dass Technologie 
die letzte Erbin einer Serie von kollektiven Subjekten sei, die die 
Geschichte wie in einer russischen Matrioschka-Puppe hervorgebracht 
hat: Religion - Theologie - Philosophie - Ideologie - Naturwissenschaft 
- Technologie. Damit soll gesagt werden, dass die Geistesgeschichte in 
Informations- und Intelligenztechnologien geschichtet ist, selbst wenn 
wir nur die letzte Episode der Serie erinnern, d.h. das Netzwerk, das 
die Träume der vorangegangenen politischen Generation verkörpert.

Wie sind wir auf all diese Fragen gekommen? Wir stehen an einem 
Kulminationspunkt verschiedener historischer Plattformen: Dem Erbe der 
historischen Avantgarde in der Synthese von Ästhetik und Politik; den 
Kämpfen von '68 und '77, die neue Räume für Konflikte außerhalb der 
Fabriken und innerhalb des Imaginären und der Kommunikation eröffnet 
haben; der Hypertrophie der Gesellschaft des Spektakels und der 
Ökonomie des Logo; der Transformation der fordistischen Lohnarbeit in 
postfordistische autonome prekäre Arbeit; der Informationsrevolution 
und der Entstehung des Internet, der Netzökonomie und der 
Netzwerkgesellschaft. Die Utopie wurde zur Technologie. Die äußerste 
Übung der Repräsentation, die zu molekularer Produktion wird.

Manche Leute nehmen den gegenwärtigen Moment als ein lebendiges 
Welt-Netzwerk wahr, manche als unbestimmte Wolke, manche als eine neue 
Form der Ausbeutung, manche als eine Gelegenheit. Heute erreicht die 
Dichte ihre kritische Masse und formiert eine globale radikale Klasse, 
da, wo sich die Plattformen von Aktivismus, Kommunikation, Kunst, 
Netzwerktechnologien und unabhängiger Forschung kreuzen. Was bedeutet 
es, gleichzeitig produktiv und planend zu sein, die bloße 
Repräsentation von Konflikt und die repräsentativen Politikformen 
aufzugeben?

Es gibt eine hegemoniale Metapher in der politischen 
Auseinandersetzung, in Kunst, Philosophie, Medienkritik, 
Netzwerkkultur: und das ist die Free Software. Sie wird uns am Ende 
jeder Intervention zitiert, die das Problem des "Was tun?" anspricht 
(aber auch in Artikeln über strategisches Marketing...). Gleichzeitig 
kontaminiert ihre Zwillingsmetapher, die der Open Source alle Sparten: 
Open Source Architektur, Open Source Literatur, Open Source Demokratie, 
Open Source City...

Softwaren sind immaterielle Maschinen. Die Metapher der Free Software 
ist aufgrund ihrer Immaterialität so einfach, dass sie es häufig nicht 
schafft, mit der realen Welt in Widerspruch zu geraten. Obwohl wir 
wissen, dass Free Software eine gute und richtige Sache ist, fragen wir 
polemisch: Was wird sich ändern, wenn alle Computer der Welt unter Free 
Software laufen? Der interessanteste Aspekt des Free Software Modells 
ist das gewaltige, von ProgrammiererInnen auf globaler Ebene 
geschaffene kooperative Netzwerk. Aber auf welche anderen konkreten 
Beispiele können wir uns beziehen, wenn wir neue Aktionsformen in der 
realen Welt vorschlagen, und nicht nur im Reich des Digitalen?

In den 70er Jahren haben Deleuze und Guattari intuitiv das Maschinelle 
erfasst, eine Introjektion / Imitation der industriellen 
Produktionsweise. Schließlich sprach ein hydraulischer Materialismus 
über begehrende, revolutionäre, zölibatäre Kriegsmaschinen statt über 
repräsentative oder ideologische.[6] Deleuze und Guattari haben die 
Maschine aus der Fabrik herausgeholt. Nun ist es an uns, sie aus dem 
Netzwerk herauszuholen und die Post-Internet-Generation zu imaginieren.

Kognitive Arbeit produziert alle möglichen Maschinen, nicht nur 
Software: elektronische Maschinen, narrative Maschinen, Werbemaschinen, 
Medienmaschinen, Handlungsmaschinen, psychische Maschinen, soziale 
Maschinen, libidinöse Maschinen. Im 19. Jahrhundert bezog sich die 
Definition von Maschine auf ein Gerät, das Energie transformiert. Im 
20. Jahrhundert beginnt die Turing-Maschine - die Grundlage jedes 
Computers - Information in Form von Sequenzen von 0 und 1 zu 
interpretieren. Für Deleuze und Guattari hingegen produziert eine 
Wunschmaschine Strömungen, schneidet sie zu und ordnet sie an, und 
produziert pausenlos das Reale.

Heute verstehen wir unter Maschine die elementare Form des General 
Intellect, jeden Knoten des Netzwerks der kollektiven Intelligenz, 
jedes materielle und immaterielle Dispositiv, das die Ströme der 
Ökonomie organisch mit denen unseres Begehrens verbindet.

Auf einer höheren Ebene kann das Netzwerk selbst als Mega-Maschine 
gesehen werden, die andere Maschinen zusammenbaut. Negri und Hardt 
schreiben in Empire: "Die Multitude benutzt Maschinen nicht nur zur 
Produktion, sondern sie wird selbst maschinell, indem die 
Produktionsmittel zunehmend in die Köpfe und Körper der Multitude 
integriert werden. In diesem Zusammenhang meint Aneignung den freien 
Zugang zu und die Kontrolle über Wissen, Information, Kommunikation und 
Affekte, denn dies sind einige der primären Produktionsmittel der 
biopolitischen Produktion. Dass diese produktiven Maschinen in die 
Multitude integriert wurden, heißt noch lange nicht, dass die Multitude 
sie kontrolliert, im Gegenteil, all das macht ihre Entfremdung umso 
bösartiger und schädlicher. Das Recht auf Aneignung ist das Recht der 
Multitude auf Selbstkontrolle und autonome Selbstproduktion".[7]

Anders gesagt: Im Postfordismus ist die Fabrik aus der Fabrik 
herausgetreten, und die gesamte Gesellschaft ist zu einer Fabrik 
geworden. Eine bereits maschinenhafte Multitude legt die Vermutung 
nahe, dass die Umstülpung des aktuellen Produktionssystems auf eine 
autonome Ebene in einem blitzartigen Coup möglich sein könnte, einfach 
indem die Multitude vom Kommando des Kapitals abgekoppelt wird. Aber 
dieser Vorgang ist nicht ganz so einfach in Begrifflichkeiten nach dem 
traditionellen Motto der "Aneignung der Produktionsmittel" zu fassen. 
Warum?

Während es richtig ist, dass heute das Gehirn das hauptsächliche 
Arbeitsmittel ist, und dass ArbeiterInnen sich die Produktionsmittel 
unmittelbar aneignen können, stimmt es auch, dass Kontrolle und 
Ausbeutung in der Gesellschaft immateriell geworden sind, kognitiv, 
vernetzt. Nicht nur der General Intellect der Multituden ist gewachsen, 
sondern auch der General Intellect des Empire. Ausgerüstet mit ihren 
Computern, können die ArbeiterInnen sich die Produktionsmittel 
aneignen. Aber sobald sie die Nasen aus ihren Desktops herausstrecken, 
sehen sie sich mit einem Godzilla konfrontiert, mit dem sie nicht 
gerechnet hatten: Dem Godzilla des feindlichen General Intellect. 
Soziale, staatliche und ökonomische Meta-Maschinen, an die die Menschen 
wie Prothesen angekoppelt sind, sind von bewussten und unbewussten 
Automatismen dominiert.

Meta-Maschinen werden von einer bestimmten Art kognitiver Arbeit 
beherrscht, nämlich der administrativen, politischen, managerhaften 
Arbeit, die Projekte durchführt, organisiert, und in gewaltigem Ausmaß 
kontrolliert, einer Form von General Intellect, die wir uns nie hätten 
vorstellen können, einem General Intellect, dessen "Fürst" eine Figur 
ist, die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Bühne betritt: 
Der Manager.

Orwell zitierend, erinnert uns Bifo in seinem Essay "Il totalitarismo 
tecno-manageriale da Burnham a Bush" daran, dass in unserer 
postdemokratischen Welt (oder, wenn es euch lieber ist, im Empire) die 
Manager das Kommando übernommen haben: "Der Kapitalismus verschwindet, 
aber er wird nicht durch Sozialismus ersetzt. Was sich nun erhebt, ist 
ein neuer Typus einer geplanten, zentralisierten Gesellschaft, die 
weder kapitalistisch ist noch in irgendeinem anerkannten Sinn des 
Wortes demokratisch. Die Herrscher dieser neuen Gesellschaft werden 
diejenigen sein, die faktisch die Produktionsmittel kontrollieren, das 
heißt leitende Geschäftsleute, TechnikerInnen, BürokratInnen und 
SoldatInnen, von Burnham unter dem Begriff des Managers in einen Topf 
geworfen. Diese Leute werden die alte kapitalistische Klasse 
eliminieren, die Arbeiterklasse zerschlagen, und die Gesellschaft so 
organisieren, dass jegliche Macht und jeder ökonomische Vorteil in 
ihren eigenen Händen bleibt. Das Recht auf Privateigentum wird 
abgeschafft werden, doch wird dafür kein Gemeineigentum etabliert 
werden. Die neuen Managergesellschaften werden nicht aus einem 
Flickenteppich von kleinen, unabhängigen Staaten bestehen, sondern aus 
großen, um die wichtigsten industriellen Zentren in Europa, Asien und 
Amerika gruppierten Superstaaten. Diese Superstaaten werden 
untereinander um den Besitz der verbleibenden, noch nicht eroberten 
Teile der Erde kämpfen, aber es wird ihnen voraussichtlich nicht 
gelingen, einander vollständig zu besiegen. Jede von diesen 
Gesellschaften wird streng hierarchisch sein, mit einer Aristokratie 
des Talents an der Spitze und einer Masse von Halbsklaven am unteren 
Ende."[8]

Wir haben eingangs zwei Intelligenzen erwähnt, die einander in der Welt 
gegenüberstehen, und die Formen, in denen sie sich manifestieren. Die 
Multitude funktioniert als Maschine, weil sie innerhalb eines Modells 
existiert, einer sozialen Software, die zur Ausbeutung ihrer Energien 
und Ideen gedacht ist. Die Techno-Manager (öffentlich, privat, 
militärisch) sind diejenigen, die, bewusst oder nicht, solche Maschinen 
planen und kontrollieren, Maschinen, die aus aneinandermontierten 
Menschen bestehen. Der Traum des General Intellect gebirt Ungeheuer.

Verglichen mit dem alles durchdringenden neoliberalen Techno-Management 
ist die Intelligenz der globalen Bewegung von geringer Bedeutung. Was 
tun? Wir müssen virtuose revolutionäre radikale Maschinen entwickeln, 
die wir an den Knotenpunkten des Netzwerks platzieren. Gleichzeitig 
müssen wir mit dem General Intellect rechnen, der die imperialen 
Meta-Maschinen verwaltet. Bevor wir damit beginnen, müssen wir uns über 
die Dichte der 'Intelligenz' klarwerden, die sich in jeder Ware, 
Organisation, Botschaft und jedem Medium, in jeder Maschine der 
postmodernen Gesellschaft, verdichtet.

Don't hate the machine, be the machine. Wie können wir den Austausch 
von Wissen, Werkzeugen und Räumen in neue radikale Maschinen 
verwandeln, die über die aufgeblähte Free Software hinausgehen? Dies 
ist die Herausforderung, die man einst 'Aneignung der 
Produktionsmittel' nannte.

Wird es der globalen radikalen Klasse gelingen, soziale Maschinen zu 
erfinden, die das Kapital herausfordern können, die als Plattformen der 
Autonomie und Autopoiesis funktionieren? Radikale Maschinen, die in der 
Lage sind, der techno-managerhaften Intelligenz und den imperialen 
Meta-Maschinen, die um uns herum angetreten sind, die Stirn zu bieten? 
Der Wettkampf Multitude gegen Empire wird zum Kampf der radikalen 
Maschinen gegen die imperialen Techno-Monster. Wie beginnen wir den Bau 
dieser Maschinen?

 

Übersetzung: Marion Hamm



[1]  General Intellect - von Negri und Hardt unter Bezug  auf Marx 
verwendeter Begriff. Vgl. MEW, Band 42, S.  602. [A.d.Ü.]

[2]  Neocons – kurz für Neoconservatives, negative  Bezeichnung für 
einen Kreis reformistischer  US-amerikanischer Intellektueller um 
Irving Kristol  und Norman Podhoretz. [A.d.Ü.]

[3]  Paolo Virno, A Grammar of the Multitude, Semiotext(e),  New York 
2003. Orig. ed. Grammatica della  moltitudine, Derive Approdi, Roma 
2002.

[4]  Pre-Cogs - kurz für Precognitive Thinkers (Leute  mit der 
übersinnlichen Fähigkeit, die Zukunft  vorherzusagen), übernommen aus 
dem Spielberg-Film  Minority Report. [A.d.Ü.]

[5] Chainworkers, Il precognitariato. L'europrecariato si è sollevato, 
2003. Online im Internet 12.11.2003: 
www.rekombinant.org/article.php?sid=2184. Vgl. auch 
www.chainworkers.org und www.inventati.org/mailman/listinfo/precog

[6]  Gilles Deleuze / Félix Guattari: Anti-Ödipus.  Kapitalismus und 
Schizophrenie. Frankfurt am Main:  Suhrkamp Verlag 1977. Orig ed. 
L'anti-Oedipe, Les Éditions  De Minuit, Paris 1972"

[7]  Michael Hardt / Antonio Negri: Empire. Campus,  Frankfurt/M 2003. 
Orig ed. Empire, Harvard  University Press, Cambridge MA 2000.

[8] George Orwell: Second Thoughts on James Burnham, 1946. Zitiert in 
Franco "Bifo" Berardi: Il totalitarismo tecno-manageriale da Burnham a 
Bush, 2004. Online im Internet 25.01.2004: 
www.rekombinant.org/article.php?sid=2241.
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