Krystian Woznicki on 18 Apr 2001 07:17:48 -0000 |
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[rohrpost] Berliner Gazette, 18.04. [mode] |
You Must Curate! oder: >>Wahre Schoenheit kommt von innen.<< [ ] Protokoll: Manuel Bonik, Kurator [1] Von Kunst & Mode reden verpflichtet zur Lektuere von Zeitschriften. Natuerlich am besten zu der von der, mit der Undine Goldberg und ich gerade auf Ausstellungstournee sind. Sie heisst 01 No5, versammelt in einer Edition von 100 Stueck hundert Kuenstler und Kuratoren zum Thema Mode und behandelt dieses also geradezu quasi-empirisch und repraesentativ. Hat der Berliner vielleicht bei PICTUREshow Beate Wedekind oder beim Institut Français, im Buecherbogen oder Deutsche Guggenheim Shop gesehen. Sonst hilft www.Millefleurs.ORG. Ueberall anderswo gibt es inzwischen Self Service, Purple, Dazed & Confused etc., die mit dem Gang ans Kiosk zumeist auch die inhaltliche Hautreinigungs-Gurkenmaske aufgelegt haben. Kunstansprueche schrumpfen da tendenziell auf >>Mat Collishaw fotografiert Tracey Emin fuer Vivienne Westwood<<. Andersherum weiss aber die April-Ausgabe des gerade zwanzig Jahre alt gewordenen i-D Magazines, dass Partys nur dann hip sind, wenn sich unter den Gaesten Kuenstler befinden (The Gallery Issue / Motto: You Must Curate!) [2]. Kuenstler sind Leute, die zumeist schwarz angezogen sind, cool schauen und meistens mit ihren Galeristen vor, neben oder auf irgendwelchem kruden Kram sitzen oder stehen. Und Galeristen sind Leute, die die Frage nach dem Einfluss von Mode auf Kunst beantworten mit a) keiner, b) es crossovert immer mehr, c) Mode ist schnell und Kunst ist fuer die Ewigkeit. >>Art that endures<<, wie die Londoner Galeristin Maureen Paley gleichfalls in i-D sagt. c) macht mich allerdings skeptisch. Wir Berliner [3], Londoner, Zuericher wissen recht gut, dass die letzten Jahre Kunst (auch) zum Lifestyle gemacht haben. Das hat nicht nur damit zu tun, dass jeder Designer, Werber, Boersenluemmel moechte, dass sein Tun (auch) als Kunst betrachtet wird. Sondern kommt auch von >>innen<< (Fussnote: In der VOGUE-Redaktion hatten wir eine Zeit lang mal den sportlichen Spass, in moeglichst vielen Texten die Redewendung >Wahre Schoenheit kommt von innen.< unterzubringen. Das fuer die Leute, die allen Ernstes eine Trennung zwischen >Oberflaeche< und >an sich< machen.) Also wollen alle gerade KuenstlerInnen sein, weil da augenscheinlich so viel Esoterik lockt. Kuenstler-Sein ist eine Mode. Kuenstler-Bleiben aber Kunst, und Schnee von gestern entsteht in einem Tempo, dass die Zeit kaum genuegt, das Hemd zu wechseln [4]. Da Mode in der Kunst in Mode, spielen wir mit; alle anderen waeren nicht die richtigen Zeitpunkte fuer eine Mode-Kuenstlerzeitschrift gewesen. Denn der Trend im Trend sind ja nicht Klamotten, sondern ist - das laesst sich fuer die meisten Mode-Kuenstler von Sylvie Fleury bis sagen - die Reflexion von Zeitschriften-Werbeaesthetik. Sind Hochglanz-Magazine in aller Regel doch schlichtweg besser gemacht und also verlockender als die meisten Kunstkataloge. Glamour-Werte: Eine Homepage kann jeder haben, eine Zeitschrift aber nicht. Und: Eine Mode-Zeitschrift (!) behauptet gerade, dass Marken-Mode out ist. Millefleurs.ORG [5] wird kaum gemeint sein. Waehrend die New Economy noch einmal das Labeling der 70er-Mode nachstellt, tarnen wir uns bereits mit No-Name-Tueten. 1. mailto:Manuel@Millefleurs.ORG 2. http://www.i-dmagazine.co.uk 3. http://www.lodown.de 4. http://www.fashion.net 5. http://www.zapa.de Fuer die kommenden Tage sind folgende Termine in Deinen Kalender aufzunehmen: Do - 19.04. P r e s s e k o n f e r e n z : Die Berliner Biennale [http://www.berlinbiennale.de] ist wieder am Start. Diesmal mit 40 KuenstlerInnen aus 28 Laendern. Die Amsterdamer Kuratorin Saskia Bos hat Arbeiten ausgesucht, die den Kontakt mit dem Publikum suchen oder Themen aufgreifen, die einen sozialen oder partizipatorischen Aspekt aufweisen. Es erscheint ein zweisprachiger, von Irma Boom gestalteter Katalog in zwei Baenden, wovon der erste Band bereits bei der Pressekonferenz vorliegen wird. Anmeldung: [mailto:berlin@goldmann.pr], Ort: Allianz Treptowers, 30.Etage, An den Treptowers 3, 10 Uhr. So - 22.04. I n t e r a k t i o n : In Zusammenarbeitet mit Streaming Art moechte die Schweizer Botschaft anlaesslich ihrer Neueroeffnung in Berlin verschiedene Kunstwerke hervorbringen. Eines davon beruht auf der Teilnahme mit dem glaesernen Kosmopoliten: Eine grossangelegte Medien-Skulptur soll aus Emails entstehen. Dazu wird aufgerufen bis zum 22. April elektronische Briefbotschaften an [mailto:swissflirt@streamingart.com] zu schicken, die nicht laenger als 150 Zeichen sind: Kurzreflexionen, Gedichte, Stossseufzer, ... Oder was einem zur Schweiz halt so einfaellt. Di - 24.04. V e r n i s s a g e : Das Ausstellungsprojekt >bin ich drin? auf der suche nach der verlorenen kunst< ist ein Anstoss, die Kunst im Netz zu suchen und zu finden. Dazu stehen im Gang der Kleinen Humboldt Galerie drei Computer mit Netzzugang. An der Wand der Galerie haengen etwa 40 Ausdrucke von von Ben Benjamin superbad.com. Inmitten der Bilderflut aus dem Netz, den vielen bunten Grafiken, findet man einen 100 220 cm grossen Ausdruck eines anderen Werkes: unendlich, fast...von Holger Friese, das lediglich aus einem einzigen Blau und kleinen Sternen besteht. Alle weiteren Pfade fuehren ueber den Computer in den Cyberspace; Vortraege zu Netzkunst bilden das Rahmenprogramm. Zur Vernissage spricht einer der Kuratoren der Netzkunstausstellung net_condition, die letztes Jahr im ZKM [http://www.zkm.de] gezeigt wurde. Ort: Kleine Humboldt Galerie, Unter den Linden 6, 19 Uhr. Bis naechste Woche, Krystian Woznicki mailto:krystian@snafu.de PS: Erich Maas, Jahrgang 1952, ist letzte Woche ueberraschenderweise an einem Schlaganfall gestorben. Als der SPIEGEL ueber die Pulp-Master-Buchreihe des Berliner Verlegers schrieb >>Quentin Tarantino braeuchte die Dialoge kaum zu aktualisieren, wenn er diese Stories verfilmen wollte <<, traf er durchaus den Nerv. Erich Maas war als Verleger enorm daran interessiert den Dialog der Literatur mit der Popkultur aufzugreifen. Er brachte Uebersetzungen heraus (u.a. macht er Kathy Acker im deutschen Sprachraum bekannt) und Autoren an den Start, die sich noch keinen Namen gemacht hatten, aber ihren eigenen Stil und den Mut tief aus dem Alltagsleben zu schoepfen. Seine Leser hatte der Maas Verlag in jungen Leuten gefunden, die sich von den unzeitgemaessen Kulturseiten der Tageszeitungen abgewendet hatten und ihren Weg kaum noch in den herkoemmlichen Buchladen fanden. Sein Schritt zu Books On Demand (BOD), den er puenktlich zum Jahrhundertwechsel wagte, duerfte also niemanden ernsthaft ueberrascht haben. Der studierte Kunsthistoriker betrieb neben dem Maas Verlag [1] zusammen mit Kollegen aus der Verlagsbranche auch den Verlagsserver www.txt.de und war nicht nur mit Pop und dem Internet bestens vertraut, sondern hatte seine Antennen sogar bis nach Japan ausgerichtet: Als ich Mitte der 90er zum erstenmal von ihm hoerte, wollte er Takeshi Kitanos Schriften zu Kino & Film veroeffentlichen. Damals waren sie selbst in Japan nur einer winzigen Oeffentlichkeit bekannt! Und so sollte man ihn wohl in Erinnerung behalten: als engagierten Vordenker. 1. http://www.txt.de/maas/ [ ] Impressum Berliner Gazette - das woechentliche Mini-Feuilleton im elektronischen Briefformat, wird von http://www.kulturserver.de herausgegeben [ ] Redaktion Berliner Gazette Penelope Grabowski Ulrike Rogler Anne Schreiber Krystian Woznicki (V.i.S.d.P.) 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